
Römisches Kastell
Autorin: Judith Niederklopfer-Würtinger | Stand: 31.12.2011
Im Ortskern von Schaan beim St. Petersplatz (455 m ü.M.) gelegene Überreste eines befestigten Lagers für römische Truppen. Schon seit 1847 bekannt, veröffentlichte Ferdinand Keller erstmals 1864 einen Plan des Kastells. 1893 fand eine erste Grabung statt, von der aber keine Pläne und Funde vorhanden sind. Eine systematische Grabung leitete 1956–58 David Beck.
Der Grundriss des Kastells mit den Ausmassen von ca. 57 × 60 m ist fast quadratisch mit vier vorspringenden Ecktürmen, einem Eingangstorturm in der Mitte der Nordfront und einem Gegenturm auf der Südseite. Die Ecktürme mit einem Innenmass von 4 × 4 m hatten eine Höhe von etwa 10 m, die Umfassungsmauern mit einer Stärke von 3,60 m waren 6–8 m hoch. Der Eingangsturm konnte durch zwei Tore mit einer Weite von ca. 3 m verschlossen werden. Die Innenbauten schlossen direkt an die Kastellmauer an. An der Nordseite beidseitig des Eingangs befanden sich die Truppenunterkünfte, gegenüber an der Südmauer lassen Pfostenbettungen auf Holzbauten aus der Frühzeit des Kastells schliessen. Später wurde darüber eine Mauer errichtet, die durch Risaliten verstärkt mit der Südmauer des Kastells eine Halle bildete, die eine lichte Weite von 13–15 m hatte. Es handelt sich dabei um das Magazin (horreum). An der Ostmauer nördlich des Innenhofs befand sich das hypokaustische Kastellbad mit Heizraum (praefurnium), Laubad (tepidarium), Heissbad (caldarium) und Kaltbad (frigidarium) mit Kaltwasserwanne. Die Pfeiler der Fussbodenheizung und die Hohlziegel an der Wand waren teilweise noch gut erhalten. Feuerstellen und Brandschichten im Innern des Kastells lassen auf gewerbliche Tätigkeiten schliessen.
Wenige Münzen und die Kleinfunde ergeben, dass das Kastell in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n.Chr. bestand. Durch seine Lage an der wichtigen Verbindungsstrasse Mailand–Augsburg übernahm es die Aufgabe der Strassensicherung. Zudem übte es als rückwärtiger Stützpunkt des unter Valentinian I. nach 364 n.Chr. errichteten Rhein-Donau-Iller-Limes eine Sperrfunktion aus. Als Station für durchziehende Truppen gewährte es in Krisenzeiten der Bevölkerung Zuflucht. Siedlungskontinuität lässt sich nicht nachweisen, wohl aber der Bau einer kleinen Saalkirche mit Baptisterium, die im 5. Jahrhundert n.Chr. zwischen Torturm und Nordostturm des Kastells eingebaut wurde. Die Kapelle St. Peter steht heute z.T. auf den Kastellmauern. An Funden kamen Münzen, Terra sigillata, Keramik, Lampen, Beinkämme und -griffe, Bronzeobjekte und Lavez zutage.
Literatur
- Bernhard Overbeck: Geschichte des Alpenrheintals in römischer Zeit. Auf Grund der archäologischen Zeugnisse, Teil 1: Topographie, Fundvorlage und historische Auswertung, München 1982 (= Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, Bd. 20), S. 106–110.
- Hans-Jörg Kellner: Das Kastell Schaan und die Spätzeit der römischen Herrschaft, in: Archäologie im Fürstentum Liechtenstein, Basel 1978 (= Helvetia Archaeologica 9, H. 34/36), S. 187–201.
- Elisabeth Ettlinger: Kleinfunde aus dem spätrömischen Kastell in Schaan, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 59 (1959), S. 225–299.
- David Beck: Ausgrabung St. Peter in Schaan 1958. Vorläufiger Grabungsbericht, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 58 (1958), S. 283–293.
- Friedrich Würgler: Die Knochenfunde aus dem spätrömischen Kastell Schaan, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 58 (1958), S. 253–282.
- Georg Malin: Das Gebiet Liechtensteins unter römischer Herrschaft, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 58 (1958), S. 5–89, bes. 35–59.
- David Beck: Das Kastell Schaan, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 57 (1957), S. 229–272.
Zitierweise
<<Autor>>, «Römisches Kastell», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.