
Referendum
Autor: Wilfried Marxer | Stand: 31.12.2011
Das Referendum ist eine Volksabstimmung über einen vom Landtag gefassten Beschluss; es stellt insofern ein wirksames Kontrollinstrument der Stimmberechtigten gegenüber den gewählten Politikern dar. Ein Referendum kann zustande kommen aufgrund eines Landtagsbeschlusses (Behördenreferendum) oder durch Unterschriftensammlung von Stimmberechtigten bzw. Beschlüsse von Gemeindeversammlungen (fakultatives Referendum). Die Verfassung räumt darüber hinaus dem Landtag die Möglichkeit ein, eine Volksabstimmung über Grundsätze eines zu erlassenden Gesetzes durchzuführen (Konsultativabstimmung).
Zwar wurden in Liechtenstein schon 1919 zwei Volksabstimmungen durchgeführt, aber erst 1921 wurde das Referendumsrecht gemeinsam mit der Initiative in der Verfassung verankert (Art. 66). Unter das Referendum fallen Landtagsbeschlüsse über Gesetze, die nicht für dringlich erklärt werden, sowie über Finanzbeschlüsse ab einer bestimmten Ausgabenhöhe (1921 eine einmalige Ausgabe von 10 000 Fr. oder eine wiederkehrende Ausgabe von 4000 Fr.; 1947 auf 50 000 bzw. 20 000 Fr., 1984 auf 300 000 bzw. 150 000 Fr. erhöht). 1992 wurde zusätzlich das Staatsvertragsreferendum eingeführt.
Die Zahl der erforderlichen Unterschriften wurde schrittweise von 400 Unterschriften für ein Gesetzesreferendum (bzw. 600 für ein Verfassungsreferendum) auf 600 (900) Unterschriften (1947) und 1000 (1500) Unterschriften (1984) erhöht. Wird das Referendum von Gemeinden ergriffen, sind drei (Gesetzesreferendum) bzw. vier (Verfassungsreferendum) Beschlüsse von Gemeindeversammlungen notwendig. Für das Staatsvertragsreferendum gelten die gleichen Bedingungen wie für das Verfassungsreferendum.
Von 1919 bis März 2009 sind aufgrund von Referenden 58 Volksabstimmungen durchgeführt worden, davon 58 % als Behördenreferendum, 40 % als fakultatives Referendum sowie eine Konsultativabstimmung (2 %). 52 % der Abstimmungen endeten mit einer Zustimmung. Die Erfolgsrate des Behördenreferendums war dabei etwas besser als diejenige des fakultativen Referendums.
Daneben besteht auf Gemeindeebene das sogenannte Gemeindereferendum: ein Sechstel der Stimmberechtigten einer Gemeinde kann in bestimmten Angelegenheiten und unter bestimmten Voraussetzungen durch begründetes schriftliches Begehren die Behandlung von Beschlüssen des Gemeinderats in der Gemeindeversammlung verlangen.
Medien
Literatur
- Arno Waschkuhn: Politisches System Liechtensteins. Kontinuität und Wandel, Vaduz 1994 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 18), S. 324–342.
- Wolfram Höfling: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung. Eine kritisch-systematische Bestandsaufnahme der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs unter Berücksichtigung der Grundrechtslehren des deutschsprachigen Raumes, Vaduz 1994(= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 20), S. 156–160.
- Martin Batliner: Die politischen Volksrechte im Fürstentum Liechtenstein, Freiburg 1993 (=Publikationen des Instituts für Föderalismus Freiburg Schweiz, Bd. 8), S. 177–192.
- Michael Ritter: Besonderheiten der direkten Demokratie Liechtensteins im Vergleich zur Schweiz, in: Liechtensteinische Juristen-Zeitung, Jg. 11 (1990), S. 2–8.
- Job von Nell: Die politischen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1987(=Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 12), S. 110–112.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Klaus Biedermann: 150 Jahre Landtag 1862–2012, hg. vom Landtag des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 2012, S. 143–165.
- Paul Vogt: 125 Jahre Landtag, hg. vom Landtag des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 21988, S. 233–254.
Zitierweise
<<Autor>>, «Referendum», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.