
Reichsprivilegien
Autor: Bernd Marquardt | Stand: 31.12.2011
Reichsprivilegien stellten im römisch-deutschen Reich eine Herrschaftstechnik dar, um kaiserliche Hoheitsrechte mittels Delegation an lokale Herrschaftsträger in der Fläche anwendbar zu machen. Es handelte sich um Rechte, die über die originären Niedergerichtskompetenzen hinausgingen. Die reichsunmittelbare Grafschaft Vaduz erhielt 1379 von König Wenzel ein Privileg mit Gerichtsfreiheiten und dem Asylrecht. 1430 vergab König Sigismund an den Herrn der Grafschaft Vaduz, Wolfhart von Brandis, ein umfangreiches Privileg, das u.a. die Blutgerichtsbarkeit mit der Todesstrafbefugnis sowie das auf der Rheintalroute wichtige Zollerhebungsrecht in Verbindung mit der Strassenbaulast umfasste (→Brandisische Freiheiten). 1592 kam aus der Hand Kaiser Rudolfs II. das Marktrechtsprivileg hinzu. Bis 1715 bestätigte der jeweils neu gewählte Kaiser die Vaduz-Schellenberger Reichsprivilegien gegen eine Gebühr. Im weiteren 18. Jahrhundert wurde angesichts der vordringenden reichsstaatsrechtlichen Auffassung der Dauergeltung von Reichsprivilegien von Bestätigungen abgesehen, doch behielten die betreffenden Hoheitsrechte bis 1806 ihren abgeleiteten Charakter.
Quellen
- Liechtensteinisches Urkundenbuch, Teil I: Von den Anfängen bis zum Tod Bischof Hartmanns von Werdenberg-Sargans-Vaduz 1416, Bd. 5: Aus deutschen Archiven, bearb. von Benedikt Bilgeri, Halbband A, Vaduz 1976/1980, Halbband B, Vaduz 1981/1987 (LUB I/5 A, B), S.624–628.
Literatur
- Otto Seger: Aus den alten Zeiten des Herrschaftsüberganges von Brandis zu Sulz und von Sulz zu Hohenems, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 60 (1960), S. 50f.
- Rupert Ritter: Die Brandisischen Freiheiten, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 43 (1943), S. 9–42.
- Johann Stephan Pütter: Historische Entwicklung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs, Bd. 3: Von 1740. bis 1786, Göttingen 1787, 31799, S. 264–269.
Zitierweise
<<Autor>>, «Reichsprivilegien», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.