Rumburg (Herrschaft, tschech. Rumburk)

Autor: Matthias Donath | Stand: 25.11.2024

Ehemalige Herrschaft im äussersten Norden Böhmens, heute hauptsächlich im Bezirk Děčín (CZ), teilweise im Freistaat Sachsen (D) gelegen.

Anton Florian von Liechtenstein erwarb die Herrschaft Rumburg 1681 von den Grafen von Pötting als eigene Macht- und Herrschaftsbasis, denn er hatte als 14. Kind des Fürsten Hartmann von Liechtenstein keine Aussicht auf ein Erbe. Damals war noch nicht abzusehen, dass ihm 1711/12 die Majorate der jüngeren, gundakarischen und der älteren, karolinischen Linie zufallen würden. Als Oberhaupt des Hauses Liechtenstein vertauschte er in einer innerfamiliären Einigung Rumburg 1718 gegen die reichsunmittelbaren Herrschaften Vaduz und Schellenberg, die ihm sein Neffe Joseph Wenzel von Liechtenstein abtrat. Das Rumburger Schloss, ein Bau im Renaissancestil, war bis 1718 die Residenz des Fürsten Anton Florian, danach residierte hier Christina Theresia von Liechtenstein, geborene Gräfin von Löwenstein-Wertheim-Rochefort (1665–1730), die Mutter des späteren Fürsten Joseph Wenzel, der bei gelegentlichen Aufenthalten selbst in Rumburg weilte.

Die Herrschaft Rumburg umfasste die nordböhmischen Städte Rumburg und St. Georgenthal (tschech. Jiřetín pod Jedlovou), mehrere Dörfer, zwei böhmische Exklaven im angrenzenden Markgraftum Oberlausitz, das seit 1635 zu Kursachsen gehörte, und das unter sächsischer Hoheit stehende Neugersdorf (seit 1924 Stadt, heute Ebersbach-Neugersdorf). Damit waren die Fürsten von Liechtenstein mit einem Gebietsteil auch Vasallen der Kurfürsten bzw. Könige von Sachsen. Der wirtschaftliche Ertrag der Herrschaft speiste sich vor allem aus dem Textilgewerbe. Infolge der Ablösung der Herrschaftsrechte in der Mitte des 19. Jahrhunderts verblieben den Fürsten von Liechtenstein nur noch der Wald und ein kleiner landwirtschaftlicher Besitz, der verpachtet war. Nach der Gründung der Tschechoslowakei 1918 verkaufte Fürst Johann II. von Liechtenstein freiwillig mehrere Flurstücke der Herrschaft Rumburg, darunter Teile des Schlossareals. Der verbliebene Rest im Umfang von 2 321 Hektar, darunter der gesamte Forst, wurde 1925 im Zuge der Bodenreform verstaatlicht.

Das Stadtbild Rumburgs wurde durch die Fürsten Anton Florian und Joseph Wenzel geprägt. Im Kontext der Gegenreformation in Nordböhmen standen die Errichtung des Kapuzinerklosters und eines Loreto-Heiligtums, dessen «Casa Santa» durch Stiftung des Fürsten Joseph Wenzel mit einer Ambitusanlage und einer Heiligen Stiege versehen wurde. Weitere Stiftungen der fürstlichen Familie waren das Waisenhaus und die Johanneskirche auf dem Hutberg. In Neugersdorf gründete Fürst Joseph Wenzel 1728 einen Jahrmarkt, was die Entwicklung zur Stadt vorzeichnete. Im gleichen Jahr bestätigte er die Matrikel der Privilegierten Schützengesellschaft Neugersdorf, die bis in die Gegenwart das liechtensteinische Erbe in Sachsen pflegt und vermittelt.

Quellen

Literatur

Medien

Stadtansicht von Rumburg, vor 1787 (Muzeum Rumburk, Inv.-Nr. 12070).
Das von Fürst Anton Florian von Liechtenstein gestiftete Loreto-Heiligtum in Rumburg war als «Bollwerk gegen das Lutherthum» in der nahen Oberlausitz gedacht und sollte das katholische Bekenntnis der böhmischen Gebietsteile der Herrschaft Rumburg stärken. Die freie Nachbildung des Marien-Wallfahrtsorts in Loreto (Italien) entwarf der Wiener Architekt Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745). Unter der «Casa Santa» wurde eine Gruft für das Fürstenhaus Liechtenstein angelegt, die jedoch nie belegt wurde (Foto: Matthias Donath, 2023).
Das Renaissanceschloss in Rumburg aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, heute stark verändert, war Residenz des Fürsten Anton Florian und nachfolgend der Mutter seines Neffen Joseph Wenzel, Christina Theresia von Liechtenstein, geborene Gräfin von Löwenstein-Wertheim-Rochfort (1665–1730). 1779 verlor Rumburg seine Residenzfunktion. Das seitdem überwiegend leerstehende Schloss wurde 1925 an den tschechoslowakischen Staat verkauft (Foto: Matthias Donath, 2023).

Zitierweise

<<Autor>>, «Rumburg (Herrschaft, tschech. Rumburk)», Stand: 25.11.2024, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.