Schellenberg, von

Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011

Ursprünglich Ministerialen-, später Adelsgeschlecht. Die Ursprünge des Geschlechts liegen in Oberbayern: Ahnherr ist Friedrich von Gotzing, erwähnt 1098–1137, Ministeriale des Bischofs von Freising; sein Sohn, Friedrich I. von Schellenberg (erwähnt 1147–73), stand im Dienst des Bischofs von Freising und des Klosters Tegernsee. Seit 1200 treffen wir die Familie in Rätien an, wo sie auf dem Eschnerberg die Burgen von Schellenberg errichtete. Zuerst begegnen uns Adalbero als Mönch im Kloster Pfäfers (um 1200) sowie Heinrich, seit 1220 Domherr in Chur (†1227), und dessen jüngerer Bruder Konrad, seit 1215 als Domkustos in Chur (†1237). Der 1227 genannte Marquard, der den weltlichen Teil der Familie repräsentiert, blieb kinderlos; der 1265–67 erwähnte Marquard junior war sein Neffe; er war Schenk des Klosters Pfäfers. Auch spätere Familienmitglieder hatten das Schenkenamt des Klosters Pfäfers inne. An einer 1265 in Feldkirch ausgestellten Urkunde wirken u.a. Albert und sein Sohn Heinrich I. mit, dessen Besitz am Eschnerberg verkauft wurde, ebenso weiterer Besitz in Vorarlberg durch seine Witwe Guta von Wolfurt. Seine Kinder waren Heinrich II. (†1348), Ulrich, Pfarrer von Lindau (†1336), und vermutlich Sigena (II.), Äbtissin von Lindau (†1356), der eine genealogisch nicht zuzuordnende Guta im Amt vorausgegangen war. Der Ritter Swigger I., ein Bruder Heinrichs I., vergabte 1305 seinen Hof im Oberdorf zu Mauren an das Kloster Pfäfers. Von seinen Söhnen blieb Albert als Kapitular und Administrator des Klosters Pfäfers in Rätien, während Swigger II. nach Schwaben zog.

Schon zuvor hatte die Absetzbewegung nach Schwaben eingesetzt, als die Brüder Ulrich und Marquard im Königsdienst Rudolfs I. von Habsburg als Reichslandvögte (ab 1284) zu bedeutendem Besitz am Bodensee gelangten. 1280 kauften sie die Herrschaft Wasserburg und begründeten neue Linien, indem die Nachkommen Ulrichs die Linie Wasserburg bildeten, diejenigen Marquards die Linie Kisslegg. 1317 verkauften die Herren von Schellenberg ihre Burgen auf dem Eschnerberg samt dazugehörigen Gütern und Herrschaftsrechten an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg; bis 1320 veräusserten sie alle übrigen Besitzungen in Rätien.

Mit der Königswahl von 1314 setzte der Verfall des Hauses ein, da die Herren von Schellenberg durch die Unterstützung Herzog Friedrichs von Österreich auf der Verliererseite standen. Die Reichslandvogtei ging verloren. Trotz des Verkaufs zahlreicher Güter musste Marquard III. (†1390) bei einem Juden in Lindau Geld ausleihen, den er nachträglich überfiel und zur Zahlung eines Lösegelds zwang. 1358 zerstörte daraufhin die Reichsstadt Lindau im Bündnis mit den Bodenseestädten die Wasserburg. 1374 musste Marquard III. die Herrschaft Wasserburg verpfänden, die 1390 an die Grafen von Montfort-Tettnang fiel. Auch Ulrich II. (†1386), ein Bruder Marquards III., verkaufte zahlreiche Güter. In den schwäbischen Rittergesellschaften Schutz suchend, behaupteten sich die Nachfahren der Wasserburger Linie bis ins späte 16. Jahrhundert in eher untergeordneten Positionen als Vögte der Grafen von Montfort-Tettnang. Von der Wasserburger Linie zweigte die Seitenlinie von Lautrach-Wagegg ab.

Der Kisslegger Linie gelang unter Ulrich II. (†1549) neuerlich ein Aufstieg. Der Ritter, Söldnerführer und humanistisch gebildete Jurist war über mehrere Jahrzehnte Vogt der Herrschaft Feldkirch. Die Kisslegger Linie konnte sich noch einmal konsolidieren; sie wurde 1637 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. 1708 starb sie im Mannesstamm, 1754 in der weiblichen Linie aus. Die Seitenlinie von Sulzberg-Hüfingen starb 1812 verarmt aus.

Die Herren von Schellenberg, die in den beiden Jahrzehnten vor und nach 1300 im Königsdienst einen glänzenden Aufstieg erlebten, gerieten durch politische Veränderungen unter Druck und sahen sich immer wieder gezwungen, ihre Besitzungen zu verkaufen. Es gelang ihnen nicht, einen grösseren Besitz zu behaupten oder gar eine Territorialherrschaft zu errichten. Die Verlagerungen ihrer geografischen Schwerpunkte störten eine kontinuierliche Entwicklung; ein dynastisches Bewusstsein konnte nicht aufkommen. Mit dem schrumpfenden Vermögen schwand auch der politische Einfluss, sodass hochrangige Positionen kaum mehr zu erringen waren; als Offiziere und kleinstädtische Beamte blieben die Herren von Schellenberg noch eine Zeit lang gefragt.

Quellen

Literatur

  • Rolf Schmitt: Die Herren von Schellenberg. Ein süddeutsches Adelsgeschlecht zwischen Bayern und Schwaben, Innsbruck 1992.
  • Die Wappenrolle von Zürich. Ein heraldisches Denkmal des vierzehnten Jahrhunderts in getreuer farbiger Nachbildung des Originals mit den Wappen aus dem Hause Zum Loch, hg. von Walther Merz und Friedrich Hegi, Zürich 1930.

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

  • Stefan Frey: Von der Grafschaft Rätien zu den Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Die Entwicklung des Herrschaftsgefüges im Raum Liechtenstein bis zum Ende des Spätmittelalters, in: Jahrbuch Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 119 (2020), S. 9–86, bes. S. 32–38.

Zitierweise

<<Autor>>, «Schellenberg, von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.

Medien

Das Wappen der Herren von Schellenberg. Ausschnitt aus der Zürcher Wappenrolle, ca. 1340 (Zürich, Schweizerisches Nationalmuseum, AG 2760, f. 3r – Zürcher Wappenrolle). Das Wappen der Herren von Schellenberg war von Schwarz und Gold dreimal geteilt. Helmzier: Zwei Büffelhörner, das rechte silbern, das linke rot.