
Schellenberg (Herrschaft)
Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011
Im Gebiet des Eschnerbergs waren im 13./14. Jahrhundert die Grafen von Werdenberg-Sargans(-Vaduz), von Werdenberg-Heiligenberg und von Montfort-Feldkirch begütert. Dazu kamen die aus Bayern stammenden Herren von Schellenberg, die im Dienst der Grafen von Montfort im späten 12. Jahrhundert die Schellenberger Burgen errichtet hatten. Sie verlegten nach 1280 den Schwerpunkt ihrer Herrschaft nach Schwaben und verkauften 1317 die Schellenberger Burgen an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg. Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts blieb die Gerichtsbarkeit am Eschnerberg zwischen den Grafen von Werdenberg-Sargans-Vaduz und Werdenberg-Heiligenberg(-Bludenz) geteilt; Schwerverbrecher und Mörder mussten zum Hochgericht nach Vaduz geführt und dort abgeurteilt werden. 1402 wurde die Blutgerichtsbarkeit über alle Verbrecher dem Grafen Hartmann IV. (II.) von Werdenberg-Sargans-Vaduz, Bischof von Chur (†1416), zugesprochen. Erst dessen Neffe, Wolfhart V. Freiherr von Brandis, konnte bis 1437 die gesamten Besitz- und Herrschaftsrechte am Eschnerberg in eine Hand bringen. Er verlegte das Hochgericht von Vaduz auf Rofaberg in Eschen, wodurch die Herrschaft am Eschnerberg ohne Beteiligung von Kaiser und Reich in ihren Rechten der Grafschaft Vaduz angeglichen wurde. Ab 1438 bürgerte sich für das Gebiet am Eschnerberg allmählich die Bezeichnung «Herrschaft Schellenberg» ein.
Bis 1699 teilte die Herrschaft Schellenberg das Schicksal der Grafschaft Vaduz. Es galt auch hier der unter den Grafen von Sulz eingeführte Landsbrauch, aber die Verwaltung blieb getrennt. 1699 verkauften die hoch verschuldeten Grafen von Hohenems die Herrschaft Schellenberg an die Fürsten von Liechtenstein. Diese erwarben 1712 auch die Grafschaft Vaduz, worauf die beiden Gebiete 1719 von Kaiser Karl VI. zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben wurden. In dem seit 1806 souveränen Staat Liechtenstein bildet die ehemalige Herrschaft Schellenberg das Unterland mit den Gemeinden Mauren, Eschen, Gamprin, Ruggell und Schellenberg.
Literatur
- Heinz Dopsch: Kleinstaat und Kaiserreich – Das „staatsrechtliche Verhältnis“ des Fürstentums Liechtenstein zum Römisch-Deutschen Reich und zur Habsburgermonarchie, in: Von Stadtstaaten und Imperien. Kleinterritorien und Großreiche im historischen Vergleich, Tagungsbericht des 24. Österreichischen Historikertags, Innsbruck, 20.–23. September 2005, Innsbruck 2006, S. 154–171.
- Karin Schamberger-Rogl: «Landts Brauch oder Erbrecht» in der „Vaduzischen Grafschaft üblichen“. Ein Dokument aus dem Jahr 1667 als Grundlage für landschaftliche Rechtsprechung, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 101 (2002), S. 1–127.
- Fabian Frommelt: «... darauf hab ich ylenz ain Gemaindt jn der herrschafft Schellennberg zusamenn beruefft ...». Zu den Gerichtsgemeinden Vaduz und Schellenberg 1350–1550, unpublizierte Lizentiatsarbeit Universität Zürich, Triesen 2000.
- Dieter Stievermann: Geschichte der Herrschaften Vaduz und Schellenberg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung. Geschichtliche Grundlagen und moderne Perspektiven, hg. von Volker Press und Dietmar Willoweit, Vaduz/München/Wien 1987, 21988, S. 87–128.
- Johann Baptist Büchel: Geschichte des Eschnerberges, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 20 (1920), S. 5–36.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Stefan Frey: Von der Grafschaft Rätien zu den Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Die Entwicklung des Herrschaftsgefüges im Raum Liechtenstein bis zum Ende des Spätmittelalters, in: Jahrbuch Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 119 (2020), S. 9–86, bes. S. 61–69.
Zitierweise
<<Autor>>, «Schellenberg (Herrschaft)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.