
Schneller
Autorin: Anna Merz | Stand: 31.12.2011
Auf dem südwestlichen Teil des Eschnerbergs gelegene archäologische Fundstätte, Gemeinde Eschen, 630 m ü.M., bestehend aus einer kleinen Felskuppe mit einem 10 × 20 m grossen Plateau, das im Osten durch einen felsigen Steilabfall geschützt ist, während die Hänge im Norden und Süden mässig steil abfallen. Das Plateau bildet eine leichte, natürliche Mulde.
Nach einer Begehung im Jahr 1934 wurde im Herbst 1943 eine Sondierung durch den Historischen Verein durchgeführt, gefolgt von Grabungen in den Jahren 1949–50, die von David Beck geleitet wurden. Es wurden zwei fundführende Schichten entdeckt, die durch eine Steinlage getrennt waren. Die Funde der unteren Schicht gehören der Bronzezeit (2200–800 v.Chr.) an. Die Funde der oberen Schicht datieren in die Eisenzeit (800–15 v.Chr.) und wurden namengebend für die von Benedikt Frei beschriebene «Schnellerkeramik» bzw. «Schnellerkultur», die während der Eisenzeit im Alpenrheintal verbreitet war.
Die bronzezeitliche, höchstens 20 cm dicke Schicht nimmt im Gegensatz zur eisenzeitlichen nur einen Teil der Plateaufläche ein und liegt auf dem gelben, sterilen Löss oder direkt auf den stark zerklüfteten Kalkfelsen. Aufgrund einer Planierung durch die eisenzeitlichen Siedler finden sich keinerlei Siedlungsspuren mehr. Ein Brandopferplatz kann für die Bronzezeit im Gegensatz zur Eisenzeit nicht belegt werden. Die Keramik zeigt Elemente vom Beginn der mittleren Bronzezeit bis in die frühe Spätbronzezeit (1500–1100 v.Chr.). Der grösste Teil der Keramik kann dem Gebiet des nördlichen Alpenvorlands und somit der Urnenfelder-Kultur zugeordnet werden, nur wenige Elemente stammen aus der inneralpinen Bronzezeitkultur. Unter der Keramik gibt es u.a. eine Knickwandschale, dreiecksverzierte Gefässe mit horizontalen Rillen, echten Kerbschnitt und Stempelkerbschnitt sowie Buckel und Knubben. An rund 10 % der Gefässe konnte ein Schlickauftrag festgestellt werden. Die Magerungszusätze der Keramik sprechen für eine lokale Herstellung. Zu den Metallfunden gehören ausser einem Griffplattenmesser der Riegseegruppe auch ein Barren mit bleihaltigem Rohkupfer sowie ein Tutulus aus Bronzeblech.
Die eisenzeitliche Schicht hat eine Mächtigkeit von 40–50 cm, im Zentrum sogar von 1 m, umfasst das gesamte Plateau und endet im Osten bei einer halbkreisförmigen Trockenmauer. Die tiefschwarze, kohlehaltige Schicht war sehr stark mit Scherben von Tongefässen und mit verbrannten tierischen Knochenteilchen durchsetzt, weshalb der Ort schon seit Langem als kultischer Brandopferplatz interpretiert wird. Spuren einer Besiedlung fehlen. Die eisenzeitliche Schnellerkeramik ist dünnwandig, gut gebrannt, von grauer bis dunkelgrauer, fast schwarzer Farbe; meist handelt es sich um niedrige topf- und becherartige Formen sowie Schalen; charakteristische Zierelemente sind Rippen sowie Stempel- und Ritzverzierungen (Halbkreisbögen, Halbmonde, Kreisstempel). Diese Keramik ist im Fürstentum Liechtenstein, im St. Galler Rheintal und in Nordbünden verbreitet. Neue Forschungen haben jedoch gezeigt, dass an der namengebenden Fundstelle Schnellerkeramik aus mehreren Stufen vertreten ist. Heute wird für die Funde der Eisenzeit der Begriff «Alpenrheintalgruppe» bevorzugt; diese wird wiederum unterteilt in die ältere Stufe Tamins (800–450 v.Chr.) und die jüngere Stufe Schneller (450–15 v.Chr.). Die jüngste eisenzeitliche Keramik der Fundstelle besteht aus Grafittonkeramik. Vereinzelte Funde datieren in die römische Epoche.
Noch ungeklärt sind die Zusammenhänge zwischen den Plätzen Schneller, Malanser und Lutzengüetle, die alle drei in unmittelbarer Nähe liegen und teilweise das gleiche Fundmaterial aufweisen.
Literatur
- Barbara Falk: Zur Deutung bronzezeitlicher «Brand»-Opferplätze in den Alpen und dem nördlichen Alpenvorland am Beispiel Schneller Gemeinde Eschen (Fürstentum Liechtenstein), Magister Arbeit der Freien Universität Berlin, o. O. 1993.
- Jürg Rageth: Zur Eisenzeit im Alpenrheintal, in: Die Räter/I Reti, im Auftrag des Kantons Graubünden, Redaktion: Ingrid R. Metzger, Paul Gleirscher, Bozen 1992 (= Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer, Berichte der Historikertagungen), S. 175–211.
- Jakob Bill et al.: Liechtensteinische Keramikfunde der Eisenzeit, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 91 (1992), S. 85–165.
- Christian Zindel: Der Schneller und seine forschungsgeschichtliche Bedeutung für das Alpenrheintal, in: Archäologie im Fürstentum Liechtenstein, Basel 1978 (= Helvetia Archaeologica 9, H. 34/36), S. 145–150.
- Benedikt Frei: Zu einigen ergänzten Gefässen der Schnellerkeramik, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 56 (1956), S. 57–70.
- David Beck: Der Hügel Schneller auf dem Eschnerberg. Ein prähistorischer Fundplatz (Grabungs- und Fundbericht), in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 51 (1951), S. 219–255.
Zitierweise
<<Autor>>, «Schneller», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.