Schuppler, Josef

Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011

Landvogt. *16.9.1776 Türnau, Herrschaft Trübau (CZ), †11.1.1833 Hohenstadt (CZ). Anna Zelinka aus Hohenstadt (*ca. 1790), Schwester des Gerichtsaktuars Peter Zelinka, elf Kinder.

Studium der Rechtswissenschaften, verschiedene Weiterbildungen. Schuppler sprach Deutsch, Tschechisch, Latein, Polnisch, Französisch und Italienisch. Vier Jahre Rechtspraktikant beim Stadtadvokaten von Olmütz (CZ) und nach dem Eintritt in den Dienst des Fürsten von Liechtenstein 1796–1802 bei der fürstlichen Anwaltschaft in Brünn. Danach sechs Jahre Justiziar (Gerichtsverwalter) der liechtensteinischen Herrschaften Eisenberg, Trübau, Hohenstadt, Aussee und Goldenstein (alle CZ). 1808 Rentmeister und Gerichtsverwalter in Landskron (CZ).

Mit Dekret vom 1.10.1808 wurde Schuppler zum Landvogt in Vaduz ernannt, wo er bis 1827 tätig war. Seine Berufung stand im Zeichen einer im Januar 1808 begonnenen Reorganisation der fürstlichen Verwaltung; sie war im Juni 1808 durch die Reise des Hofrats Georg Hauer und dessen «Lokalisierungs-Bericht» vorbereitet worden. Der junge und als besonders fähig geltende Schuppler erhielt mit der Dienstinstruktion vom 7.10.1808 den Auftrag, eine völlige Umgestaltung der politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Liechtenstein durchzuführen. Am 7.12.1808 übergab Landvogt Franz Xaver Menzinger sein Amt an Schuppler, der sein Reformprogramm in einer Antrittsrede vorstellte: Die Landesverfassung vertrage sich nicht mit dem Geist der neuen Zeit, die bisherige Landammannverfassung müsse durch eine Reihe neuer Gesetze ersetzt werden. Notwendig sei eine Verbesserung des Landbaus, die Kultivierung von Ödland, die Einführung neuer Gewerbe, die Verbreitung reiner Moralität und echter Religionsgrundsätze. Schuppler führte die Reformen in ungeheurem Tempo und mit grosser Strenge durch. In der Ausarbeitung seiner Gesetzesentwürfe folgte er nicht, wie in anderen Rheinbundstaaten üblich, der französischen Gesetzgebung, sondern dem ihm vertrauten österreichischen Recht.

Schuppler schuf 1808 eine Erbfolge- und Verlassenschaftsordnung und 1809 den Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs. Letzteres trat jedoch nicht in Kraft, stattdessen wurde 1812 das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) eingeführt. 1809 wurden die Landammannverfassung abgeschafft, die Gerichtsgemeinden aufgehoben und die politischen Gemeinden geschaffen. Fortan bildete das Oberamt die erste und die fürstliche Hofkanzlei in Wien die zweite Gerichtsinstanz. 1818 wurde das Oberlandesgericht in Innsbruck dritte und oberste Gerichtsinstanz. Die Steuern zog ab 1809 die Kameralkasse ein und nicht mehr wie vorher mit dem Landammann ein Vertreter der Untertanen. Damit sollte der Einfluss der Untertanen auf die Staatsverwaltung zurückgedrängt werden. Immerhin gewährte Schuppler 1811–17 den Gemeindevorstehern Einblick in die Landesrechnung und liess sie das Steuerprotokoll unterschreiben.

1808 kam es zur Aufhebung der Leibeigenschaft. 1809 wurden ein Auswanderungsverbot, eine Papierstempelordnung, eine Verordnung über Gerichtstaxen sowie eine Konkursverordnung erlassen und das Grundbuch eingeführt. Das Freizügigkeitsgesetz von 1810 legte fest, dass sich jeder Liechtensteiner in jeder Gemeinde niederlassen durfte. Durch die ab 1809 geförderte Privatisierung des Gemeindebodens erhoffte man sich eine Urbarisierung der teilweise versumpften Riedböden und eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge. 1809 wurde die Stelle des Landesphysikus geschaffen und 1812 mit dem Impfzwang erstmals eine medizinische Massnahme in Liechtenstein per Gesetz eingeführt. Ebenfalls 1812 folgten eine Feuerlöschordnung und die Schaffung von Schulfonds in allen Gemeinden zur Besoldung der Lehrer. Schuppler war eine treibende Kraft hinter der Schulreform, so auch beim neuen Schulgesetz von 1822.

Fürst Johann I. und Schuppler versuchten nach dem Vorbild Österreichs, die Kirche unter den Einfluss des Staats zu bringen (→ Josephinismus). So forderte Schuppler, dass bei der Besetzung von Pfarrstellen eine obrigkeitliche Genehmigung eingeholt werden müsse. 1823 verbot er die Taufe ohne staatliche Bewilligung. Er schaffte zahlreiche Feiertage ab, verbot diverse Prozessionen und Wallfahrten und verwendete einen grossen Teil des Vermögens religiöser Bruderschaften für wohltätige Zwecke.

Die weitgehend nach österreichischem Vorbild gestaltete und auf einem Entwurf Schupplers beruhende landständische Verfassung von 1818 schränkte die Rechte der Untertanen weiter ein. Dem Ständelandtag kamen in diesem spätabsolutistischen System keine Mitwirkung an der Gesetzgebung und keine Kontrolle der Finanzen und der Verwaltung zu. 1819 wurden alle Änderungen an den seit 1812 übernommenen österreichischen Gesetzen automatisch auch in Liechtenstein für gültig erklärt (sogenannte Generalrezeption, währte bis 1843).

Schuppler erbrachte v.a. in den ersten Jahren seiner Amtszeit eine grosse Leistung. Auf die Reformphase 1808–12 folgte indes eine längere Phase der Stagnation. Er konnte nicht alle in der Dienstinstruktion vorgegebenen Aufgaben erfüllen. So unterblieb etwa die Volkszählung. Die ohne Rücksicht auf die Bevölkerung eingeführten Gesetze, die einen völligen Umsturz der Verhältnisse zur Folge hatten, stiessen auf Widerstand und machten Schuppler im Volk unbeliebt. Unter dem Einfluss des Aufstands der Vorarlberger gegen die Bayern und Franzosen 1809 kam es auch in Liechtenstein zu Unruhen. Schuppler gelang es jedoch, die Ruhe aufrechtzuerhalten, u.a. durch die Drohung mit ausländischem Militär (→ Aufstand 1809). In der Verwaltung wurde, wie das auch in der Vergangenheit öfters der Fall gewesen war, von den untergebenen Beamten gegen den Landvogt intrigiert, namentlich durch Rentmeister Ferdinand Adolf Schmieth. 1815 kam es gegen Schupplers Willen zu einer Umbesetzung im Oberamt.

Mit der 1815 verfassten «Beschreibung des Fürstenthums Lichtenstein» (→ Landesbeschreibungen) legte Schuppler Rechenschaft über seine Tätigkeit gegenüber Fürst Johann I. ab. Den Untertanen, gegen die er schwere Ressentiments hegte, sprach er mit Ausnahme armutsbedingter Sparsamkeit keine positiven Attribute zu. Schuppler zeigte aber ein Herz für die notleidende Bevölkerung. 1814 und 1815 versuchte er den Ausmarsch des liechtensteinischen Kontingents zu verhindern (→ Militär), und in Jahren mit schlechter Ernte, so 1816 und 1817, war er darum bemüht, Lebensmittel aus dem Ausland zu beschaffen. Durch seine Autorität und sein diplomatisches Geschick konnte er zudem etliche Streitigkeiten sowohl zwischen Privaten als auch zwischen Gemeinden schlichten.

Schuppler, der den Posten in Liechtenstein nur ungern angenommen und sich im Land nie wohl gefühlt hatte, suchte ab 1812 mindestens fünfmal um die Rückversetzung nach Mähren an. Auf den 1.2.1827 wurde er zum Amtmann der Herrschaft Butschowitz in Mähren und provisorisch zum Justiziar der Herrschaft Steinitz bestellt. 1830–33 war er in Hohenstadt tätig.

Das Urteil über Schuppler ist umstritten. Seine Vorgesetzten, so auch der Fürst, würdigten ihn als fähigen, fleissigen, entschlossenen, uneigennützigen, pflichtbewussten und korrekten Beamten. Der Reformgegner Johann Rheinberger hingegen bezeichnete Hauer und Schuppler als «zweifache Schurken» und «Staatsverderber». Für Peter Kaiser war er ein zweiter Stephan Christoph Harpprecht von Harpprechtstein, der ohne Lokalkenntnisse die Landammannverfassung beseitigt habe. Für Landesverweser Karl von In der Maur bedurfte es zur Bewältigung der Aufgaben der Herrennatur Schupplers. Auch die neuere Forschung wirft Schuppler die Entrechtung der Untertanen sowie seine Verständnislosigkeit gegenüber der Tradition und dem alten Herkommen vor, anerkennt aber seinen politischen Weitblick und die unbestreitbaren Verdienste um das Land. Er gilt zusammen mit Fürst Johann I. als «Schöpfer des modernen Liechtenstein» (Georg Malin).

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Schuppler, Josef», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 15.2.2025.