Sonderschulen

Autorin: Annette Bleyle | Stand: 31.12.2011

Sonderschulden sind Unterrichts- und Erziehungseinrichtungen für entwicklungsverzögerte oder lernbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderungen oder psychosozialer Auffälligkeiten nicht die sogenannte Regelschule besuchen können. Sonderschulen arbeiten mit angepassten Leistungsanforderungen, reduzierten Klassengrössen und heilpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften. Blieben behinderte Kinder in den liechtensteinischen Schulgesetzen des 19. Jahrhunderts unerwähnt (→Schulwesen), wurden sie 1929 ausdrücklich von der Schulpflicht entbunden. So setzte sich erst die 1924 gegründete private Caritas für die schulisch-berufliche Förderung Behinderter ein. Sie bemühte sich (ab 1945 unterstützt durch das Liechtensteinische Rote Kreuz) um die Platzierung in ausländischen Anstalten und beteiligte sich neben dem Staat und den Eltern an den Kosten. Heute liegen diese Aufgaben beim 1966 geschaffenen Amt für Soziale Dienste und beim 1972 gegründeten Schulamt. Seit 1960 übernimmt die Invalidenversicherung (IV) einen Grossteil der Schulungs- und Betreuungskosten für behinderte Kinder.

Im Schulgesetz von 1971 verpflichtete sich der Staat zur Gewährleistung der Sonderschulen in Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Institutionen. 1973 überantwortete er die heilpädagogische Sonderschulung vertraglich dem 1967 gegründeten Verein für heilpädagogische Hilfe, der 1969 in Schaan eine heilpädagogische Tagesstätte für geistig behinderte Kinder mit Sonderschule und Sonderkindergarten eröffnet hatte. Dort werden die Kinder je nach Behinderung und Begabung in der Sprachentwicklung, ihrem sozialen Verhalten und den elementaren Kulturtechniken gefördert (→Heilpädagogisches Zentrum HPZ). Normal begabte Kinder mit Sprachstörungen besuchen grundsätzlich die Regelschule; für sie besteht seit 1973 ein ambulanter logopädischer Dienst. Bei schweren oder anders gearteten Behinderungen (schwere Seh- und Hörstörungen, Querschnittslähmungen, Verhaltensstörungen etc.) ist Liechtenstein auf Betreuungs- und Ausbildungsplätze in ausländischen Anstalten angewiesen, zu denen der Staat den Zugang durch Vereinbarungen und finanzielle Mittel sichert (→Heime).

Die Zuweisung in die Sonderschulen erfolgt durch den Schulrat aufgrund einer Stellungnahme durch den schulpsychologischen Dienst. Der Übertritt von der Sonderschule in die Regelschule (Wiedereingliederung) ist nach dem Besuch der HPZ-Sprachtherapie-/Einführungsklasse die Regel.

Literatur

  • Das liechtensteinische Bildungswesen, hg. vom Presse- und Informationsamt, Vaduz 22002 (= Das Fürstentum Liechtenstein. Eine Dokumentation, Bd. 4), S. 33f.
  • Graham Martin: Das Bildungswesen des Fürstentums Liechtenstein. Nationale und internationale Elemente im Bildungssystem eines europäischen Kleinstaates, Zürich 1984, S. 259–271.

Zitierweise

<<Autor>>, «Sonderschulen», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.