Sparkassaskandal

Autor: Donat Büchel | Stand: 31.12.2011

1926–28 veruntreuten der Verwalter der Sparkassa (→Liechtensteinische Landesbank), Franz Thöny, Anton Walser, Niko Beck und Rudolf Carbone Gelder der Bank für verschiedene verlustreiche Spekulationsgeschäfte (u.a. Ausdehnung der Klassenlotterie nach Rumänien). Im Juni 1928 wurden Walser, Thöny und Beck verhaftet, ein gutes Jahr später auch Carbone. Im November 1929 wurden der Hauptverantwortliche Anton Walser zu vier und die übrigen zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Sparkassaskandal belastete Liechtenstein finanziell schwer, denn das Land bürgte für die Bank mit Staatsgarantie. Eine Woche lang verpfändeten die Gemeinden ihren Boden, dann übernahm Fürst Johann II., der Liechtenstein zudem 1 Mio. Fr. schenkte, die Haftung für die Ausfälle. Die Sanierung der Sparkassa, für die zudem ein Darlehen von 2 Mio. Fr. von der Schweiz aufgenommen wurde, kostete das Land Liechtenstein 1,8 Mio. Fr. – was zwei Jahresbudgets entsprach.

Der Fürst und die oppositionelle Fortschrittliche Bürgerpartei lasteten den Sparkassaskandal der regierenden Volkspartei (VP) an: Anton Walser und Franz Thöny waren Mitglieder der VP, Walser gar VP-Parteiobmann. Zudem wurden der wohl überforderten VP-Regierung um Regierungschef Gustav Schädler sowie dem von Wilhelm Beck (VP) präsidierten, allerdings aufgrund von Parteikonflikten 1927 bis zur Aufdeckung des Sparkassaskandal nicht einsatzfähigen Verwaltungsrat der Bank Vernachlässigung der Aufsichtspflichten vorgeworfen. Der Fürst erzwang am 15.6.1928 die Demission der Regierung, löste am 16.6. den Landtag auf und setzte am 24.6. als interimistischen Regierungschef Prinz Alfred von Liechtenstein ein. Die FBP gewann in den vom Sparkassaskandal dominierten Landtagswahlen im Juli 1928 elf der 15 Sitze. Sie stellte mit Josef Hoop den neuen Regierungschef und war danach bis 1970 die stärkste Partei in Liechtenstein. Die VP fühlte sich vom Fürsten ungerecht behandelt, bis zum Regierungsantritt Franz Josefs II. 1938 blieb sie bzw. ab 1936 die Vaterländische Union (VU) dem Fürsten entfremdet.

Der Sparkassaskandal vertiefte den Graben zwischen den Parteien in Liechtenstein weiter. Der FBP galt er v.a. in den 1930er Jahren, aber auch später noch als Indiz für die angebliche Unfähigkeit der VP bzw. der VU. Vorab der Schwächung der VP dienten auch ein Verfahren gegen die ehemaligen Mitglieder des Sparkassa-Verwaltungsrats (ab 1929, ab 1932 nur noch gegen Wilhelm Beck) und eine 1931 gegen Gustav Schädler erhobene, mit Freispruch endende Ministeranklage. Regierungsrat Peter Büchel (FBP), dem die VP ihrerseits Mitschuld am Sparkassaskandal vorwarf, wurde in einer von ihm selbst verlangten Untersuchung von allen Vorwürfen freigesprochen.

Literatur

  • Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, Bd. 1, Vaduz/Zürich 1997, 22000, S. 86–111.

Zitierweise

<<Autor>>, «Sparkassaskandal», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 18.3.2025.