Sport

Autor: Robert Büchel-Thalmaier | Stand: 31.12.2011

Die Anfänge des Sports in Liechtenstein gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. In den ersten Jahrzehnten des organisierten Sports standen das Motiv der Disziplin und der erzieherische Aspekt im Vordergrund; Gesellschaft, Kirche, Schule und wirtschaftliche Gegebenheiten bremsten die Entwicklung. Erst ab Mitte der 1930er Jahre fand der Sport allmählich breitere Akzeptanz im gesellschaftlichen Leben, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlangte er einen sehr hohen Stellenwert. Gründe für den Aufschwung des Sports waren neben der Freude an Spiel und Bewegung und dem sozialen Aspekt v.a. die zunehmend zur Verfügung stehende Freizeit und die ausgedehnte Sportberichterstattung in den Massenmedien, in neuerer Zeit vermehrt auch das Wissen um die positiven Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit. War der Sport anfangs eine Männerdomäne, so änderte sich dies im Zug der Emanzipierung.

Anfänge: Vereinsgründungen und Pioniere

Die ersten dokumentierten sportnahen Vereine in Liechtenstein sind die 1789 in Eschen, 1827 in Vaduz und 1850 in Bendern entstandenen Schützengesellschaften. Sie führten Preis-Scheibenschiessen durch, bezweckten aber auch die Gestaltung kirchlicher Feierlichkeiten und die Förderung des sittlichen Betragens. Nachdem mit der Verfassung von 1862 die Vereinsfreiheit eingeführt worden war, entstanden in den Industriegemeinden Vaduz (1886) und Triesen (1890) die ersten Turnvereine. Die in allen Talgemeinden zwischen 1897 und 1919 gegründeten Radfahrervereine hatten auch einen nichtsportlichen Zweck: die Förderung des Fahrrads als Verkehrsmittel. 1909 entstand der heutige Liechtensteiner Alpenverein als Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. Die Mitglieder des ersten, 1925 in Vaduz gegrgründeten Tennisclubs gehörten fast durchweg dem kleinen, gehobenen Kreis ausländischer Zuzüger an. Aus dem ebenfalls 1925 gegründeten Automobil-Club formierte sich 1930 eine Sportgruppe (→Automobilverbände). Nachdem Einzelpersonen das liechtensteinische Berggebiet schon ab Ende des 19. Jahrhunderts mit Skiern befahren hatten, entstand 1926 in Vaduz der Skiclub Liechtenstein, der sich 1936 mit dem 1934 gegründeten Skiclub Triesenberg zu einem Verband zusammenschloss. In den 1930er Jahren nahm die Turnbewegung weiteren Aufschwung, u.a. mit Vereinsgründungen in Balzers und Triesen 1932; Turn-Damengruppen bestanden bis in die frühen 1930er Jahre in Vaduz und Schaan. Die ersten Fussballclubs wurden 1932 in Balzers, Triesen und Vaduz ins Leben gerufen; sie schlossen sich 1934 zum liechtensteinischen Fussballverband zusammen. Auch die 1931 gegründeten Pfadfinder traten in den 1930er und 40er Jahren durch eine überaus reiche, sportliche Tätigkeit hervor und gelten als einer der Motoren der frühen Sportbewegung Liechtensteins.

Ab den 1970er Jahren stieg die Zahl der Sportvereine stark an und erreichte in jüngerer Zeit eine grosse Vielfalt. 2008 waren dem Liechtensteinischen Olympischen Sportverband (LOSV) als Dachverband 42 Sportverbände und 147 Sportvereine mit über 15 000 Mitgliedern (inklusive Mehrfachmitgliedschaften) angeschlossen. Die grössten Verbände waren 2008 der 1934 gegründete Liechtensteiner Fussballverband (LFV, 2700 Mitglieder), der 1936 gegründete Liechtensteinische Skiverband (LSV, 2400 Mitglieder) und der 1969 gegründete Liechtensteiner Tennisverband (LTV, 1978 Mitglieder). Über ein Drittel der liechtensteinischen Bevölkerung ist Mitglied eines Sportvereins; dazu kommen die vielen nicht vereinsmässig organisierten Freizeitsportler.

Entscheidend zur Entwicklung des Sports trugen auch die Pionierleistungen einzelner Personen wie Xaver Frick, Eduard von Falz-Fein, Graf Maurice von Bendern, Hans Ritter oder Alexander Frick bei.

Organisation

Einen Markstein für die Sportbewegung in Liechtenstein bildete die erste Teilnahme an den Olympischen Spielen 1936: An den Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen nahmen zwei Bob- und zwei Skifahrer teil, an den Sommerspielen in Berlin zwei Leichtathleten, ein Radfahrer und drei Schützen. Ausgelöst durch eine Anfrage von Eduard von Falz-Fein und initiiert durch seinen Onkel Woldemar von Falz-Fein war am 16.6.1935 das Nationale Olympische Komitee (NOK) gegründet worden, dem das Internationale Olympische Komitee (IOC) bereits am 29.7.1935 die Anerkennung aussprach.

Im Zusammenhang mit der Olympia-Teilnahme entstand, unterstützt durch Regierungschef Josef Hoop, im Dezember 1936 der Landessportverband für das Fürstentum Liechtenstein (LSPV) als Dachverband der liechtensteinischen Sportvereine (ab 1983 Fürstlich Liechtensteinischer Sportverband FLSV). Aus der Fusion des FLSV, des Liechtensteinischen Olympischen Komitees und der 1976 geschaffenen Stiftung Liechtensteiner Sporthilfe entstand 1992 der Liechtensteinische Olympische Sportverband (LOSV). Weitere wichtige Institutionen für den liechtensteinischen Sport sind der 1964 gegründete Sportbeirat der Regierung (seit 2000 Sportkommission mit dazugehöriger Dienststelle für Sport) und seit 1979 das staatliche Förderungsprogramm «Jugend und Sport».

Ein 1999 erlassenes Sportgesetz bezweckt die staatliche Förderung des Sports «im Interesse der Entwicklung der Jugend, der Volksgesundheit, der Freizeitgestaltung und der körperlichen Leistungsfähigkeit». Die zur Beratung der Regierung und zur Koordination eingerichtete Sportkommission entscheidet über die Ausrichtung von Fördergeldern an Vereine und Sportlerinnen und Sportler. Gesetzliche Förderungsbereiche sind der Schulsport, der trotz erster Verordnungen ab 1897 nicht vor den 1940er Jahren Bedeutung erlangte, «Jugend und Sport» (z.B. Unterstützung für die Ausbildung der Leiterinnen und Leiter) sowie der Breiten-, Leistungs-, Spitzen-, Behinderten- und Seniorensport. Land und Gemeinden leisten bedeutende Beiträge zur Förderung des Sports, dem in sozial- und gesundheitspolitischer Hinsicht sowie als Imageträger für das Land Liechtenstein eine nicht zu unterschätzende Wirkung beigemessen wird.

Aufgrund der Kleinheit des Landes sind viele Sportarten organisatorisch in die schweizerischen Sportligen und Meisterschaften eingebunden.

Infrastruktur

Der Bau von Sportanlagen war ein wichtiges Aufgabenfeld des Landessportverbands, beginnend mit dem Landessportplatz in Vaduz 1937. Durch die Gewährung von Landessubventionen und die Übernahme der Bauherrschaft durch die Gemeinden entstand ab Ende der 1950er Jahre ein breites Angebot an Turnhallen, Fussballplätzen, Schwimmbädern, Tennisplätzen usw. Eine wirtschaftliche Bedeutung für den Tourismus erlangte der Bau von Skiliften ab 1950 in Steg und ab 1962 in Malbun.

Spitzen- und Leistungssport

Liechtensteinische Athletinnen und Athleten brachten immer wieder hervorragende Leistungen, besonders im Skisport: Die ersten Olympiamedaillen für Liechtenstein wurden 1976 durch Hanni Weirather-Wenzel und Willi Frommelt gewonnen. Weitere Olympiamedaillen gewannen Andi Wenzel, Ursula Gregg-Konzett und Paul Frommelt; bisher sind es insgesamt neun Ski-Olympiamedaillen. Zweimal gewannen Hanni Wenzel und einmal Andi Wenzel den Gesamtweltcup. In den letzten zwei Jahrzehnten zeigten u.a. Birgit Heeb und Marco Büchel Weltklasseleistungen.

Bei den Radfahrern sind u.a. Alfred Marxer (1920er Jahre), Alois Lampert (1950er Jahre), Adolf Heeb (frühe 1960er Jahre) und Roman Hermann (1970er Jahre) zu nennen, bei den Leichtathleten u.a. Günther Hasler (1974 Gold über 800 m beim Letzigrund-Meeting in Zürich) sowie Maria und Helen Ritter (1970er Jahre). Weltklasseleistungen erbrachten u.a. auch der Modellflieger Wolfgang Matt (mehrere Gold-, Silber- und Bronzemedaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften im Motorkunstflug F3A), der Autorennfahrer Manfred Schurti (Europameister 1972 im Super V), der Karatekämpfer Ceno Marxer (EM-Gold 1982), die Kickboxer Martin Kaiser, Christian Bazdaric und Günther Wohlwend (ab 1999), die Langläufer Markus Hasler und Stephan Kunz (Weltcup-Podestplätze in den 1990er und 2000er Jahren) sowie Marc Ruhe im Wintertriathlon (2002). Nach seiner Karriere als Aktivsportler feierte der Rodler Wolfgang Schädler als Trainer des Rodel-Teams der USA ab den 1990er Jahren viele Erfolge.

Mannschaftssportarten haben es im kleinen Liechtenstein schwer. Seit 1974 ist der Liechtensteiner Fussballverband Mitglied der FIFA und der UEFA und seit 1994 beteiligt sich die liechtensteinische Fussballnationalmannschaft an Weltmeisterschafts- und Europameisterschaftsqualifikationen. Das erste offizielle Fussballländerspiel fand 1982 gegen die Schweiz statt. 2008/09 spielte der FC Vaduz in der höchsten Schweizer Profi-Liga.

Einen wichtigen Beitrag zur Förderung von jungen Leistungs- und Spitzensportlern bildet die seit 2004 in Schaan bestehende Sportschule. Sie setzt spezifische Rahmenbedingungen, um Trainingsmöglichkeiten und schulischen Erfolg zu vereinen.

Bezüglich der Doping-Bekämpfung besteht eine Vereinbarung zwischen dem LOSV und Antidoping Schweiz. Zudem hat der LOSV mit dem E-Learning-Programm «Doping – Alles klar?» 2009 eine Weltneuheit in der Doping-Prävention umgesetzt.

Sportanlässe

Von 1937 bis in die frühen 1960er Jahre war der liechtensteinische Landessporttag das grösste nationale Sportereignis. An diesen fast Volksfestcharakter annehmenden Sporttagen beteiligten sich beinahe alle Sportarten des Landes und erkoren zumeist auch ihre Meister. Heute führen die Sportverbände eigene Meisterschaften durch.

Liechtenstein war öfters Schauplatz internationaler Sportanlässe, etwa im Radsport (mehrere Tour de Suisse-Etappen seit 1957, Schellenberg-Rundfahrt 1962–2003 mit Unterbrüchen, Racer Bike Cup), im Skisport, im Fussball (2003 U19-Europameisterschaft, Fussballländerspiele), in der Leichtathletik (LGT Bergmarathon seit 2000), im Volleyball oder als Gastgeber der Kleinstaatenspiele 1999 (erneut 2011).

Quellen

Literatur

  • Jürgen Kühnis: Sportmotorische Leistungsfähigkeit von 5. KlässlerInnen in Liechtenstein, hg. von Ressort Sport, Bildungswesen und Gesundheit der Fürstlichen Regierung, Vaduz 2008.
  • Achim Conzelmann, Christoffer Klenk: Der organisierte Sport im Fürstentum Liechtenstein. Eine Situationsanalyse der Fachverbände, Sportvereine und Mitglieder, hg. von Ressort Sport der Fürstlichen Regierung, Vaduz 2008.
  • Paul Vogt: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte. 17. bis 19. Jahrhundert, hg. vom Schulamt des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 1990, S. 195, 200.
  • Arthur Brunhart: 50 Jahre Sport in Liechtenstein, hg. vom Fürstlich Liechtensteinischen Sportverband und vom Nationalen Olympischen Komitee, Schaan 1986.

Medien

Turnverein Vaduz, 1908 (Bildarchiv LLM).

Zitierweise

Robert Büchel-Thalmaier, «Sport», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 17.2.2025.