
Staatsfeiertag
Autor: Donat Büchel, Fabian Frommelt | Stand: 14.1.2022
1940 erhob die Regierung den 15. August (Mariä Himmelfahrt), den Tag vor dem Geburtstag Fürst Franz Josefs II., zum Staatsfeiertag. Fürstengeburtstage und Regierungsjubiläen waren schon zuvor Anlass für patriotische Feste und Feiern gewesen, einen liechtensteinischen Staatsfeiertag hatte es aber bis dahin nicht gegeben.
Der im Kontext des Zweiten Weltkriegs sehr kurzfristig eingeführte Staatsfeiertag sollte ein gegen den Nationalsozialismus und gegen die einheimische Volksdeutsche Bewegung gerichtetes Zeichen der inneren Geschlossenheit von Fürst und Volk und des Selbstständigkeitswillens der liechtensteinischen Bevölkerung gegenüber inneren und äusseren Bedrohungen sein. Dieser Gedanke fand seinen Ausdruck in der symbolischen und rituellen Gestaltung der Feier, in deren Mittelpunkt der Fürst als Staatsoberhaupt und Symbol der Unabhängigkeit stand.
Lange fanden am Staatsfeiertag in allen Gemeinden Festgottesdienste und weitere lokale Feierlichkeiten statt. Dem Hochamt im Hauptort Vaduz wohnten der Fürst und weitere Mitglieder der fürstlichen Familie, die Mitglieder des Landtags und der Regierung sowie die Beamtenschaft bei. Alsbald entwickelte sich eine schon 1939 abgehaltene abendliche Geburtstagsfeier für Fürst Franz Josef II. beim Vaduzer Rathaus zu einem Hauptanlass des Staatsfeiertags: Auf Musikdarbietungen folgten eine patriotische Ansprache und das Singen der Landeshymne sowie ab 1941 ein Feuerwerk auf Schloss Vaduz. Letzteres endete erstmals 1943 mit der aufleuchtenden Devise «Für Gott, Fürst und Vaterland». Ab 1956 wurde die Feier, die auch viele Besucher aus den anderen Gemeinden anzog, auf dem Vaduzer Marktplatz durchgeführt. Weitere frühe Elemente, die sich bis heute gehalten haben, sind die Beflaggung der Häuser, die Höhenfeuer auf den Bergspitzen, der schon 1943 belegte Fackelzug durch den Fürstensteig und die anfänglich vereinzelt von Gafadura oder vom Kuhgrat, seit 1956 von Tuas herab ins Tal leuchtende Fürstenkrone aus Feuer. 1963 fand im Anschluss an den Festakt erstmals ein grosses Volksfest in den Vaduzer Strassen statt.
Nach dem Tod Franz Josefs II. 1989 beschloss der Landtag 1990, den 15. August als Staatsfeiertag beizubehalten. Er steht seither nicht mehr im Zusammenhang mit dem Geburtstag des Fürsten, sondern soll laut Gesetz die Besinnung auf die staatlichen Grundwerte fördern und das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit stärken. Seit 1991 wird der Staatsfeiertag am Vormittag mit einem zentralen Staatsakt auf der Schlosswiese beim Schloss Vaduz begangen, wozu neben Ansprachen und Musik bis 2010 auch ein Festgottesdienst gehörte. Im Anschluss sind die Besucherinnen und Besucher vom Fürsten zu einem Apéro im Schlossgarten geladen. Am Nachmittag und Abend wird weiterhin ein grosses Volksfest in Vaduz gefeiert.
Der politische Gehalt des Staatsfeiertags hat sich im Lauf der Zeit von der «geistigen Landesverteidigung» im Zweiten Weltkrieg und der Demonstration der staatlichen Eigenständigkeit zur nationalen Identitäts- und monarchistischen Legitimationspolitik erweitert, worauf auch die seit den 1980er Jahren vermehrt aufkommende inoffizielle Bezeichnung als «Fürstenfest» verweist.
Archive
- Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
QUellen
- Gesetz vom 27. Juni 1990 über den Staatsfeiertag, LGBl. 1990 Nr. 34.
- Liechtensteiner Volksblatt und Liechtensteiner Vaterland, 1940–.
Literatur
- Peter Geiger: Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945, Vaduz/Zürich 2010, Bd. 1, S. 323f., Bd. 2, S. 63f., 74f.
- Josef Frommelt: Krone, Höhenfeuer und Fackelzug am Staatsfeiertag, in: Bergheimat, hg. vom Liechtensteiner Alpenverein, Schaan 2009, S. 48–63.
- Adulf Peter Goop, Günther Meier, Daniel Quaderer: Brauchtum Liechtenstein. Alte Bräuche und neue Sitten, hg. von Daniel Quaderer, Schaan 2005, S. 85.
- Harald Wanger: Staatsfeiertag, in: LieLex. Ein Nachschlagewerk zu Liechtenstein von Ausländer bis Zeitläufte, hg. von der LGT Bank in Liechtenstein, Konzept: Robert Allgäuer at al., Vaduz 1996, S. 116f.
- Adulf Peter Goop: Brauchtum in Liechtenstein, Vaduz 1986, S. 156–161, 177–185, 378.
Zitierweise
<<Autor>>, «Staatsfeiertag», Stand: 14.1.2022, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.
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