Staatsgerichtshofaffäre (Kunsthausfall)

Autor: Wilfried Marxer | Stand: 31.12.2011

Nachdem Fürst Franz Josef II. 1969 dem Land Liechtenstein das Angebot unterbreitet hatte, Werke aus den Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein in einem vom Land zu errichtenden Kunsthaus auszustellen und die Gemeinde Vaduz 1975 bereit war, dafür Boden zur Verfügung zu stellen, kam es 1980 zu zustimmenden Volksabstimmungen in Vaduz und auf Landesebene. Nach diversen Neuplanungen sammelte das «Überparteiliche Initiativkomitee Kunsthaus» 1983 erfolgreich Unterschriften für eine neue Abstimmung in der Gemeinde Vaduz, welche nacheinander vom Gemeinderat Vaduz, der Regierung, der Verwaltungsbeschwerdeinstanz und dem Staatsgerichtshof (StGH) für unzulässig erklärt wurde. Das Initiativkomitee erhob am 22.5.1984 eine Vorstellung (Wiedererwägungsgesuch) gegen das Urteil des StGH, welcher am 15.10.1984 mit 3:2 Stimmen stattgegeben wurde. StGH-Präsident Erich Seeger verfügte jedoch am 9.11.1984 ein neues Ermittlungsverfahren, sodass schliesslich am 15.2.1985 der StGH in neuer Besetzung die Vorstellung der Beschwerdeführer abwies. Das Urteil war «gedreht» worden, das Ansehen des StGH arg beschädigt, die Staatsgerichtshofaffäre perfekt. Es kam zu Rücktritten aus dem StGH und zu politischen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Der öffentlichen Darstellung aller kritisierten Sachverhalte durch das Initiativkomitee im sogenannten Drehbuch im April 1985 folgte ein Verfahren gegen Seeger vor dem Kriminalgericht aufgrund einer Klage der Staatsanwaltschaft. Es wurde objektiver Amtsmissbrauch festgestellt, Seeger dennoch im Mai 1987 freigesprochen. Die Initianten kandidierten für die Überparteiliche Liste Vaduz 1987 bei den Gemeinderatswahlen und eroberten zwei Mandate. Den öffentlichen Rechtfertigungsversuchen Seegers im August 1988 folgten kritische Fragen der FBP im Landtag, die Verhinderung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission durch die VU-Mehrheit, die «Sprengung» des Landtags durch den Auszug der FBP-Abgeordneten am 21.12.1988, vorgezogene Neuwahlen am 5.3.1989 sowie zwei Volksinitiativen – eine VU-Initiative zur Kontrolle der Justizverwaltung und eine FBP-Initiative zum Minderheitenrecht auf Kontrolle – die beide in der Abstimmung vom 3.12.1989 erfolgreich waren.

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Staatsgerichtshofaffäre (Kunsthausfall)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.