
Stahmer, Heinrich Georg Freiherr von, Graf von Silum
Autor: Peter Geiger | Stand: 31.12.2011
Deutscher Politiker und Diplomat. *3.5.1892 Hamburg, †13.6.1978 Vaduz, Deutscher.
Nach dem Gymnasium 1911 Eintritt in das deutsche Heer. Stahmer kämpfte im Ersten Weltkrieg und wurde 1919 Oberleutnant. Danach Tätigkeit in der deutschen Industrie.
Ab 1935 Mitarbeiter, später Leiter der aussenpolitischen NSDAP-«Dienststelle» von Joachim von Ribbentrop, des Reichsaussenministers von 1937–45. Stahmer unterstützte im Herbst 1938 die liechtensteinischen Interessen betreffend die Überführung der fürstlichen Finanzen aus der Tschechoslowakei nach Liechtenstein, förderte die Bemühungen Fürst Franz Josefs II. zur Rückgewinnung ehemaligen Familienbesitzes im Sudetengebiet und war an den Vorbereitungen des Berlinbesuchs von Fürst und Regierung von Anfang März 1939 beteiligt. Beim Anschlussputsch liechtensteinischer und vorarlbergischer Nationalsozialisten am 24.3.1939 setzte sich Stahmer bei Hitler und Ribbentrop gegen einen Anschluss Liechtensteins ein. 1939 erhob Fürst Franz Josef II. Stahmer in den erblichen Freiherren- und den persönlichen Grafenstand, mit dem Titel «Graf von Silum». Stahmer war NSDAP-Mitglied, SS-Sturmbannführer (bis 1938) und NS-Fliegerkorps-Standartenführer. Der gewandte Stahmer, der Ribbentrop auf Auslandsreisen begleitete, wurde ab 1939 als Diplomat eingesetzt. Er war 1939 Generalkonsul, 1940 Gesandter und Sonderbotschafter, im September 1940 massgeblich am Zustandekommen des deutsch-japanisch-italienischen Dreimächtepakts beteiligt und deutscher Botschafter in China (1941–42) sowie Japan (1942 bis Kriegsende 1945).
Stahmer war 1945–47 in Japan und 1947–48 in Deutschland in Haft. Im Tokioter und im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess trat er als Zeuge auf. Selbst nicht angeklagt, wurde er im Entnazifizierungsverfahren in die Kategorie «entlastet» eingeteilt. Stahmer hatte in der NS-Zeit unter Anpassungsdruck gestanden, weil seine Schwiegermutter jüdisch war, sie überlebte dank seiner Protektion in Berlin.
In den 1950er Jahren war Stahmer für die schweizerischen Unternehmen Bührle und Contraves in Japan tätig. 1958 zog er mit seiner Frau als Privatier nach Vaduz. 1938 Komturkreuz mit Stern des fürstlich liechtensteinischen Verdienstordens. Für Liechtenstein war die Beziehung zu Stahmer v.a. 1938–39 von schützender Bedeutung.
Quellen
- Liechtensteiner Volksblatt, 14.6.1978, S. 7.
Literatur
- Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, Bd. 2, Vaduz/Zürich 1997, 22000.
- Peter Geiger: Der Graf von Silum. Eine Figur der Zeitgeschichte: Heinrich Georg Freiherr von Stahmer, in: Liechtensteiner Volksblatt, 5.8.1998, S. 5 und 6.8.1998, S. 9; auch in: Liechtensteiner Vaterland, 5.8.1998, S. 5 und 6.8.1998, S. 6.
Zitierweise
<<Autor>>, «Stahmer, Heinrich Georg Freiherr von, Graf von Silum», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.