Stimm- und Wahlrecht

Autoren: Wilfried Marxer, Fabian Frommelt | Stand: 31.12.2011

Das Stimm-und Wahlrecht bezeichnet den Personenkreis, der bei Abstimmungen wie Initiativen und Referenden sowie bei Wahlen zur Stimmabgabe berechtigt ist (Stimm- und aktives Wahlrecht) bzw. für die Wahl in öffentliche Ämter kandidieren kann (passives Wahlrecht).

Unter der Landammannverfassung (15.–18. Jahrhundert) leitete sich das Wahlrecht von der Wehrfähigkeit ab: Zur Teilnahme an der Ammannwahl waren alle männlichen Untertanen verpflichtet, die nicht «ehr- und wehrlos» waren und das 16. Lebensjahr erreicht hatten.

Unter der landständischen Verfassung (1818–62) wurde der Ständelandtag ohne eigene Landtagswahl aus den kommunalen Ortsrichtern (Ortsvorstehern) und Säckelmeistern (Kassieren) zusammengesetzt, womit das an den sozialen Status gebundene Stimm- und Wahlrecht der Dorfgemeinden auch für den Landtag massgeblich war: Wahlberechtigt waren die «selbständigen Gemeindebürger» (Gemeindegesetz 1842), worunter von altersher die über eine Hofstätte und Nutzungsrechte in der Allmende verfügenden Haushaltsvorstände verstanden wurden; zu ihnen zählten auch verwitwete Bürgerinnen. Noch 1842 blieb das zur Wahl berechtigende Gemeindebürgerrecht an den Besitz eines Hauses und die Beteiligung an den Gemeindelasten gebunden; ausgeschlossen waren die Hintersassen. Das Mindestalter lag für das aktive Wahlrecht bei 24 Jahren, das passive Wahlrecht besassen nur verheiratete oder verwitwete oder, falls ledig, über 36 Jahre alte Männer. Ausserdem hatten die Geistlichkeit (Kurienwahlrecht) und vermögende Untertanen (Zensuswahlrecht) Anrecht auf Mandate im Ständelandtag.

Im Revolutionsjahr 1848/49 fanden verschiedene Wahlen statt. Bei der Wahl zum Landrat 1849 genossen alle unbescholtenen männlichen Landesangehörigen mit mindestens 20 Lebensjahren das aktive, die über 24-jährigen auch das passive Wahlrecht.

Für den durch die Verfassung von 1862 geschaffenen Landtag waren alle Landesangehörigen männlichen Geschlechts passiv und aktiv wahlberechtigt, sofern sie in Liechtenstein wohnten, im Vollgenuss der bürgerlichen Rechte standen, das 24. Lebensjahr erreicht hatten und einen Beruf auf eigene Rechnung betrieben (letztere Bestimmung wurde 1878 aufgehoben). Das Stimm – und Wahlrechtsalter wurde 1922 auf 21 Jahre, 1969 auf 20 Jahre und im Jahr 2000 auf 18 Jahre gesenkt.

Vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen waren nach der Verfassung von 1862 Personen, die in einem «dienstbaren Gesindeverhältnis» standen oder eine Armenunterstützung genossen; vollständig armengenössige Personen hatten gemäss dem Volksrechtegesetz (1922) bis 1973 kein Stimm- und Wahlrecht. Erst mit der Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts 1984 war die Forderung der Verfassung von 1921 nach allgemeinem, gleichem, geheimem und direktem Stimm- und Wahlrecht tatsächlich erfüllt. Ausländer und Auslandsliechtensteiner haben kein Stimm- und Wahlrecht. Für das Stimm- und Wahlrecht auf Gemeindeebene gelten seit 1948 die gleichen Grundsätze wie auf Landesebene.

Im liechtensteinischen Fürstenhaus sind in Angelegenheiten des Hausgesetzes alle männlichen, nach dem Hausgesetz volljährigen, voll handlungsfähigen und thronfolgeberechtigten Familienmitglieder stimmberechtigt sowie aktiv und passiv wahlberechtigt, sofern sie nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen sind.

Literatur

Medien

Abstimmungszettel zur Volksabstimmung über das Steuergesetz, 1924 (LI LA).

Zitierweise

<<Autor>>, «Stimm- und Wahlrecht», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.