Stipendien

Autorin: Annette Bleyle | Stand: 31.12.2011

Stipendien sind staatliche oder private, nicht rückzahlungspflichtige finanzielle Ausbildungsbeihilfen, die auf Antrag einmalig oder mehrjährig an unterstützungswürdige Personen ausbezahlt werden.

Die erste bekannte Stipendienstiftung in Liechtenstein ist die 1689 entstandene «Studienstiftung Valentin von Kriss». 1836 wurde eine weitere, schon 1824 von Pfarrer Karl Alois Lutz testamentarisch verordnete Stiftung errichtet (Kapital 1125 Gulden Reichswährung). Das Stipendium war v.a. für höhere Studien vorgesehen; den Vorzug hatten Studenten aus Mauren. Aus dem 1812 zur Förderung des allgemeinen Schulwesens geschaffenen «Landschäftlichen Schulfonds» wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls Stipendien ausgerichtet, wodurch er zur ersten staatlichen Studienunterstützung wurde. Der 1887 von Fürst Johann II. gegründete «Fürstliche Landeswohltätigkeitsfonds» (Stiftungskapital 30000 Gulden österreichischen Währung) diente u.a. der Unterstützung von hilfsbedürftigen Studierenden und von Kindern bedürftiger Eltern, die ein Gewerbe erlernen wollten. Die «Ing.-Karl-Schädler’sche-Familien-Stipendien-Stiftung» von 1908 (Kapital 25000 Kronen) förderte studierende Mitglieder der Familie Schädler. Der Unterstützung von Theologiestudenten dienten die «Pfarrer-Johann-Georg-Marxer-Stiftung» von 1918, die Stiftung der Familie Beck-Ackermann von 1930 und die «Pfarrer-Buinger-Stiftung» von 1938. Die «Canonikus-Matt’sche-Stipendien-Stiftung» von 1915 kam nie zum Tragen.

Diese privaten, fürstlichen und staatlichen Stipendien förderten nicht nur arme, begabte Hochschulstudenten, sondern auch Gymnasiasten, Schüler von Pflicht- und Fachschulen sowie Lehrlinge. Auch Mädchen erhielten nach der Jahrhundertwende Stipendien, wobei besonders die Ausbildung an Haushaltungs- und Handelsschulen gefördert wurde. Die im Nachhinein ausbezahlten Stipendien waren an einen guten Schulerfolg gebunden, welcher durch die Vorlage des Abschluss- bzw. Semesterzeugnisses nachzuweisen war. Die meist staatlich verwalteten Stiftungen verloren nach dem Ersten Weltkrieg inflationsbedingt ihr Kapital. Sie wurden 1975–76 teils aufgelöst, teils anderen Stiftungen oder Gemeinden zugewiesen.

Staatlich verwaltete Stiftungen, die u.a. Stipendien vergeben, sind heute der «Fürstliche Landeswohltätigkeitsfonds» (gegründet 1887), die «Fürst-Franz-und-Fürstin-Elsa-Stiftung für die Jugend Liechtensteins» (1929; Kapital 100 000 Fr.), die «Stiftung Andreas Marxer zur Ausbildung römisch katholischer Priester» und die «Fürst-Franz-Josef-von-Liechtenstein-Stiftung» (errichtet 1981 von Land und Gemeinden; Kapital 1 Mio. Fr.). Weiters bestehen auch einschlägige private Stiftungen: Eine 1956 von Guido Feger errichtete Stiftung vergibt jährlich 10 000 Fr. an 20 Lehrlinge. Die «Dr.-Helmut-Legerlotz-Stiftung» verwendet ihre Mittel zu einem Drittel für Studienstipendien und zu zwei Dritteln für Forschungszwecke der medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck (erste Ausschüttung 1970). Die «Philipp-und-Martha-Rosenau-Stiftung» (1994) unterstützt an einer liechtensteinischen Lehranstalt studierende liechtensteinische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Liechtenstein.

Diese Stipendienstiftungen werden heute durch das staatliche Stipendienwesen an Bedeutung weit übertroffen. Das erste staatliche Stipendienreglement stammt aus dem Jahr 1946. Ihm folgten 1949 eine Stipendienordnung sowie 1961 und 1972 Gesetze über die staatlichen Ausbildungsbeihilfen (Stipendiengesetz), mit entsprechender Verordnung von 1977. Ein Anspruch auf Ausbildungsbeihilfen besteht je nach Einkommen und Vermögen der Antragssteller bzw. von deren Eltern beim Besuch von Berufslehren, Vollzeitberufsschulen, Gymnasien, Hoch- und Fachhochschulen und bei beruflicher Weiterbildung. Eine Revision des Stipendienrechts brachte 2004 die Gleichstellung aller Ausbildungsarten. Seit 1991 ist für Liechtenstein die «Europäische Konvention über die Fortzahlung von Stipendien an Studierende im Ausland» in Kraft. Über die Vergabe von staatlichen Stipendien und Studiendarlehen entscheidet seit 1961 eine Stipendienkommission. 2003 wurden 1200 Anträge gestellt und 4,4 Mio. Fr. an Stipendien und Unkostenbeiträgen sowie 2,0 Mio. Fr. an Studiendarlehen ausgegeben.

Quellen

Literatur

  • Annette Maria Bleyle: «… um mich als nützliches Gliede der Menschheit heranzubilden». Das k.k. Gymnasium in Feldkirch als Bildungsstätte für Knaben des Fürstentum Liechtenstein im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit an der Universität Innsbruck, Innsbruck 1999.

Zitierweise

<<Autor>>, «Stipendien», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 12.2.2025.