
Studienstiftung Valentin von Kriss
Autorin: Ursula Neumayr | Stand: 31.12.2011
Die Studienstiftung des Triesner Pfarrers Valentin von Kriss (1630–1692) wurde 1689 errichtet. Sie umfasste die diesem zustehenden Erträge einiger Liegenschaften in Triesen und Balzers, diverse Ernteerträge sowie die Zinsen eines Barvermögens. Bezugsberechtigt waren in der Grafschaft Vaduz geborene und wohnhafte, bedürftige Studenten: Nachkommen der von Kriss gebührte Vorrang vor Nichtverwandten, Angehörigen des Triesner Vorrang vor jenen des Balzner Kirchspiels und Knaben vor Mädchen. Waren keine Studenten vorhanden, konnte der Ertrag für Handwerkslehrlinge, bedürftige junge Frauen oder aber für Medikamente und Badekuren verwendet werden. Allen, die Stiftungsgeld erhielten, war aufgetragen, für den Stifter zu beten, sich für das Vaterland einzusetzen und, falls möglich, das Stipendium zu vermehren. Als Verwalter sah der Stiftsbrief den Landammann, drei Gerichtsmänner sowie den jeweiligen Triesner Pfarrer vor.
Kurz nach dem Tod des Stifters 1692 kam erstmals ein Stipendium zur Auszahlung und zwar an die Familie Negele in Balzers. 1768 wurden die Stiftungsgüter verkauft und in Geldwerten angelegt; das Stiftungskapital hatte einen Wert von 2000 Gulden Reichswährung. Die zweite wichtige Veränderung stellte Ende des 19. Jahrhunderts die schrittweise Übernahme des Stiftungsbesitzes durch die Landesverwaltung dar. Die dadurch eingeleitete, kurze Blütezeit nahm 1918 ein jähes Ende, als im Zug der Kronenentwertung ein Grossteil des Kapitals verloren ging und der nominell festgesetzte Ertrag nicht mehr zur Auszahlung gelangte. 1975 wurde der verbleibende Rest der Gemeinde Triesen übergeben und scheint nunmehr in deren Jahresrechnung auf.
Nachweislich kamen mehr als 40 Studenten in den Genuss des Stipendiums, die Mehrzahl davon während ihrer Ausbildung für einen späteren geistlichen oder erzieherischen Beruf; zahlenmässig überwogen Stipendiaten aus Balzers. In der Förderung des Handwerks kam die Studienstiftung Valentin von Kriss vergleichsweise selten zum Einsatz, eine Ausnahme bildet die Zeit um 1800, als einzelne Schreiner-, Küfer-, Glaser- oder Schusterlehrlinge ihr geringes Einkommen mit Stiftungsgeldern aufbessern konnten. Ebenfalls gering war die Zahl der Bedürftigen, denen mit Stiftungsgeldern geholfen wurde. In den übrigen Fällen wurde das Geld für kommunale Zwecke verwendet: zur Errichtung von Hebammenstellen oder zur Beschaffung des benötigten medizinischen Instrumentariums. Da das Stiftungskapital seit 1766 in Geldwerten angelegt war, konnte es vereinzelt als Kreditkapital zur Anwendung kommen: in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts scheinen der Balzner Schmied sowie eine Triesner Wirtefamilie wiederholt als Kreditnehmer auf. Letzter Bezüger eines Stipendiums war der Arzt Martin Risch (1899–1970).
Als Stiftung einer Einzelperson ist die Studienstiftung Valentin von Kriss allein aufgrund ihrer Höhe bemerkenswert; sozialgeschichtlich interessant ist ferner die vergleichsweise frühe Berücksichtigung von Lehrlingen und Mädchen als möglichen Nutzniessern.
Archive
- Kriss-Stipendium im Liechtensteinischen Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
Literatur
- Ursula Neumayr: «Zur besonderen Ehre Gottes und demütigster Anerkennung der vielen, von seiner unendlichen Güte empfangenen Gnaden». Pfarrer Valentin Kriss (1630-1692). Frühaufklärung und Stiftungstätigkeit, in: Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte. Studien und studentische Forschungsbeiträge, hg. von Arthur Brunhart, Bd. 2: Neuzeit. Land und Leute, Zürich 1999, S. 113–154.
- Materielle Kultur und religiöse Stiftung im Spätmittelalter. Internationales Round-Table-Gespräch, Krems an der Donau, 26. September 1988, Redaktion: Gerhard Jaritz, Wien 1990.
- Hans Liermann: Handbuch des Stiftungsrechts, Tübingen 1963.
- Johann Baptist Büchel: Geschichte der Pfarrei Triesen, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 2 (1902), S. 97–104.
Zitierweise
<<Autor>>, «Studienstiftung Valentin von Kriss», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.