Tote Hand

Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011

Als Tote Hand wurden die unbeweglichen Güter bezeichnet, die sich im Besitz von geistlichen Stiftungen, Korporationen, Kirchen und Klöstern befinden und nicht veräussert oder vererbt werden durften. Diese Güter wurden oft durch letztwillige Verfügungen, gleichsam durch «tote Hand», erworben. Da sie dem freien Grundstücksverkehr entzogen waren und infolge der Steuerbefreiung der Kirche (in Liechtenstein bis 1807) die Einnahmen von Land und Gemeinden schmälerten, versuchte man in ganz Europa, die Tote Hand einzuschränken.

Ein Beispiel: Als 1673 Andreas Oehri sein Haus in Bendern dem Kloster St. Luzi bzw. der Pfarrpfründe Bendern veräussern wollte, beschwerten sich die Untertanen der Herrschaft Schellenberg beim gräflichen Landvogt, das Kloster erwerbe immer mehr Grund und entziehe diesen den Umlagen, wodurch die Lasten der Bürger stiegen. Der Verkauf verstosse gegen ein bestehendes Regierungsmandat, das den Bürgern den Verkauf ihres Besitzes an Klöster verbiete. Gemäss fürstlichem Erlass von 1719 durfte die Kirche nur Besitz erwerben, wenn dieser dem Steuerkataster unterworfen war und wieder verkauft werden konnte.

Die Tote Hand hat auch in das moderne liechtensteinische Zivilrecht Eingang gefunden, ist aber heute nicht mehr von Belang. Das Personen- und Gesellschaftsrecht (1926) sah in Art. 238 u.a. vor, dass auch privatrechtliche Verbandspersonen (z.B. Stiftungen, Anstalten, Aktiengesellschaften) einer Genehmigung der Regierung bedurften, wenn sie Grund und Boden erwerben wollten. Vorher galt dies nur für die Kirche und kirchliche Institute als öffentlich-rechtliche Verbandspersonen.

Quellen

Literatur

  • Wolfgang Müller: Zur Kirchen- und Pfarreigeschichte, in: Das Fürstentum Liechtenstein. Ein landeskundliches Portrait, hg. von Wolfgang Müller, Bühl/Baden 1981, S. 33–62, besonders 47.
  • Richard Puza: Tote Hand, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 8 (1997), Sp. 894f.
  • Werner Ogris: Tote Hand, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 5 (1992), Sp. 281f.
  • Wilhelm Beck: Kurzer Bericht zum Personen- und Gesellschaftsrecht, Vaduz 1925, S. 23f.
  • Johann Baptist Büchel: Die Geschichte der Pfarrei Bendern, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 23 (1923), S. 56f.

Zitierweise

<<Autor>>, «Tote Hand», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.