
Untertan
Autor: Bernd Marquardt | Stand: 31.12.2011
Die Bezeichnung Untertan setzte sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert als Rechtsbegriff durch, der den umfassenden Status der Zugehörigkeit zu einer ländlichen Kleinstgesellschaft ausdrückte, die nach aussen von einem Herrn (Adliger, Kloster usw.) vertreten wurde. Systematisch steht Untertänigkeit auf einer Ebene mit der heutigen Staatsangehörigkeit, bezogen auf die lokale Herrschaft als kleinste Einheit des Verfassungsgefüges (→ Bürgerrecht). Sie betont in einer herrschaftlich-genossenschaftlichen Mischverfassung den hierarchischen Aspekt der Unterordnung des einzelnen bäuerlichen Haushalts unter den Lokalherrn, wobei zu beachten ist, dass die Vielheit der Haushalte, die genossenschaftlich organisierte Gemeinde, dem Herrn prinzipiell gleichgeordnet blieb. In der Grafschaft Vaduz ist der Begriff Untertan erstmals im Sulzisch-Hohenemsischen Urbar (1617/19) nachweisbar. Er erfasste sowohl die Gemeindegenossen (→ Leibeigenschaft) als auch die minderberechtigten Beisassen (→ Hintersassen). Bei jedem Wechsel des Herrn wurde im Rahmen eines wechselseitigen Huldigungszeremoniells ein kollektiver Untertaneneid geleistet, der die durch Herkommen legitimierten Rechte und Pflichten bestätigte (→ Huldigung).
Innerhalb des römisch-deutschen Reichs (bis 1806) bestand ein Stufenverhältnis der Untertänigkeit. Bezogen auf die Reichsebene wurde der unmittelbar reichssteuerpflichtige Graf von Vaduz bzw. Fürst von Liechtenstein als unmittelbarer Reichsuntertan angesehen, während die bäuerlichen Untertanen, die hinter ihm sassen (Hintersassen), als mittelbare Reichsuntertanen galten. In anderen ländlichen Herrschaften konnte sich sogar eine Dreifachabstufung ergeben; war ein Lokalherr landsässig, waren seine Zugehörigen doppelt mittelbare Reichsuntertanen.
Im Zeitalter des Deutschen Bunds (1815–66) geriet der Begriff Untertan mit seinem autoritären «monarchischen Prinzip» zunehmend in Misskredit. Im Zug der Revolution von 1848 forderte Peter Kaiser: «… wir wollen in Zukunft als Bürger und nicht als Unterthanen behandelt sein». In einem Erlass vom 7.4.1848 wies der Fürst den Landesverweser an, den Ausdruck «Unterthan» zu vermeiden.
Literatur
- Erich Reiling: Untertan, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 5 (1998), Sp. 536–542
- Ralph Wanger: Das liechtensteinische Landesbürgerrecht, Vaduz 1997, S. 3–17.
Zitierweise
<<Autor>>, «Untertan», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.