
Vaduz (Grafschaft)
Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011
Mit dem Erlöschen der Herzogsgewalt im Herzogtum Schwaben (1268) erlangten Grafen, Edelfreie und ehemalige Reichsministerialen eine reichsunmittelbare Stellung. Sie nahmen seither weitgehende Herrschafts- und Hoheitsrechte ohne Verleihung in Anspruch, darunter auch das Recht auf Teilung alter Grafschaften und Gerichtsbezirke.
Die Grafen von Montfort spalteten sich in verschiedene Linien. Bei einer der zahlreichen Herrschaftsteilungen erhielt 1342 Graf Hartmann III. von Werdenberg-Sargans neben der späteren Herrschaft Sonnenberg und der Herrschaft Blumenegg in Vorarlberg auch die Burg Vaduz mit umfangreichem Grundbesitz, Eigenleuten und Hochgerichtsrechten. Hartmann III. (I.) und seine Nachkommen nannten sich seither auch Grafen von Vaduz (→ Werdenberg-Sargans-Vaduz). Sie beanspruchten für ihre neue Herrschaft die gleiche Rechtsstellung wie für eine alte «Amtsgrafschaft» einschliesslich des Hochgerichts und erhielten 1396 von König Wenzel die Reichsunmittelbarkeit für die Grafschaft Vaduz bestätigt.
Deren Zeitgericht und Hochgericht traten unter dem Vorsitz des Richters, später des Landammanns, bei der grossen Linde in Vaduz zusammen, die Richtstätte mit dem Galgen lag an der heutigen Gemeindegrenze zwischen Vaduz und Triesen. Mit den Brandisischen Freiheiten bestätigte König Sigismund 1430 für die Grafschaft Vaduz den Blutbann und verbot den Bewohnern die Anrufung eines anderen Gerichts. Darauf gestützt beanspruchten als Erben der Graf von Werdenberg-Sargans-Vaduz die Freiherren von Brandis (1416–1510) und später die Grafen von Sulz (1510–1613) und die Grafen von Hohenems (1613– 1712) die Position eines Landesherrn. Die Grafschaft Vaduz wurde jedoch stets getrennt verwaltet und verschmolz – obwohl es mit der Erbordnung von 1531 und nach 1577 mit dem Landsbrauch ein gemeinsames Recht gab – mit der Herrschaft Schellenberg und der Herrschaft Blumenegg nicht zu einem Land.
Die Fürsten von Liechtenstein kauften 1712 die Grafschaft Vaduz, die gemeinsam mit der bereits 1699 erworbenen Herrschaft Schellenberg 1719 von Kaiser Karl VI. zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben wurde. Im Rahmen des seit 1806 souveränen Staats Liechtenstein bildet die Grafschaft Vaduz mit den Gemeinden Balzers, Triesen, Triesenberg, Vaduz, Schaan und Planken das Oberland.
Literatur
- Fritz Rigendinger: Das Sarganserland im Spätmittelalter. Lokale Herrschaften, die Grafschaft Sargans und die Grafen von Werdenberg-Sargans, Zürich 2007, S. 194–196, 232–237.
- Heinz Dopsch: Kleinstaat und Kaiserreich, in: Bericht über den 24. Österreichischen Historikertag 2005, 2006, S. 154–171.
- Fabian Frommelt: «... darauf hab ich ylenz ain Gemaindt jn der herrschafft Schellennberg zusamenn beruefft ...». Zu den Gerichtsgemeinden Vaduz und Schellenberg 1350–1550, unpublizierte Lizentiatsarbeit Universität Zürich, Triesen 2000.
- Roger Sablonier: Graf Hartmann sol ze tail werden Vadutz. Der Werdenberger Teilungsvertrag von 1342, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 92 (1994), S. 1–33.
- 1342. Zeugen des späten Mittelalters. Festschrift «650 Jahre Grafschaft Vaduz», hg. von Hansjörg Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums, Vaduz 1992.
- Dieter Stievermann: Geschichte der Herrschaft Vaduz und Schellenberg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Fürstliches Haus, 21988, 87–128.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Stefan Frey: Von der Grafschaft Rätien zu den Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Die Entwicklung des Herrschaftsgefüges im Raum Liechtenstein bis zum Ende des Spätmittelalters, in: Jahrbuch Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 119 (2020), S. 9–86, bes. S. 51–56.
Medien
Zitierweise
<<Autor>>, «Vaduz (Grafschaft)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.