Vermittler

Autor: Donat Büchel, Lukas Ospelt | Stand: 26.8.2021

Der Vermittler oder die Vermittlerin ist eine Amtsperson, die versucht, in formloser Verhandlung einen Rechtsstreit zwischen den Parteien zu schlichten.

Schon die frühneuzeitlichen (Dorf-)Geschworenen hatten die Aufgabe, bei Streitigkeiten Frieden zu stiften. Schriftlich fixiert wurde die Pflicht der Ortsgerichte zur gütlichen Beilegung von Streitsachen erstmals in § 35 der Gerichtsinstruktion von 1810 (→Gemeindegesetz). In den Gemeindegesetzen von 1842 und 1864 waren derartige Kompetenzen für die lokalen Amtsträger nicht mehr enthalten. 1884 wurde anlässlich der Erlassung von Zusatzbestimmungen zur Strafprozessnovelle von 1881 im Landtag erstmalig die Errichtung von Vermittlerämtern beantragt.

Aber erst im Zusammenhang mit der Beratung der Zivilprozessordnung wurde ab 1911 von Wilhelm Beck und dem Feldkircher Landesgerichtsrat Martin Hämmerle ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der sich an das Vorarlberger Vermittleramtsgesetz von 1909 anlehnte, aber auch schweizerische Bestimmungen übernahm. Die Institution der Vermittler wurde 1916 auf Grundlage des Gesetzes über die Vermittlerämter vom 12.12.1915 eingeführt. Der Vermittler stand unter der Aufsicht des Landgerichts und musste in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Ehrenbeleidigungssachen angerufen werden, bevor eine Partei an das Gericht gelangen konnte. Blieb der Rechtsstreit unvermittelt, konnte die betreffende Partei den Leitschein verlangen und eine Klage beim Landgericht einbringen. Zuständig war jeweils das Vermittleramt am Wohnsitz des Beklagten. Es gab jedoch zahlreiche Ausnahmen, in denen eine Vermittlungsverhandlung nicht stattzufinden hatte. Dazu gehörten die Angelegenheiten des Verfahrens ausser Streitsachen (z.B. Verlassenschaftsabhandlungen) oder der Amtshaftung, Ehesachen und ab 2005 Fälle, in denen ein Mediationsverfahren durchgeführt worden war. Der Vermittler war nach der Rechtssicherungs-Ordnung zudem eine Urkundsperson, welcher die öffentliche Beurkundung und die amtliche Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften oblag.

Jede liechtensteinische Gemeinde bildete einen eigenen Vermittleramtskreis; Schaan und Planken waren zwischen 1916 und 1919 zusammengeschlossen. Die Vermittler und ihre Stellvertreter wurden ab 1916 alle drei Jahre und ab 2010 alle vier Jahre in Gemeindewahlen bestimmt. Spätestens ab den 1920er Jahren waren die Vermittler den politischen Parteien zugeordnet und wurden von diesen auch vorgeschlagen. 1998 wurde als Gremium der Vermittler und ihrer Stellvertreter die Vermittlerkonferenz gegründet, deren Vorsitz der Landgerichtsvorstand führte.

Konnten 1993 bis 1997 noch rund 20 % bis 25 % der anfallenden bürgerlichen Rechtssachen vermittelt werden, wurden 2010 bis 2014 nur mehr um die 10 % der Fälle vermittelt. Bei den Sühneverfahren in Ehrenbeleidigungssachen zeigte sich ein ähnliches Bild. 2014 wurden 57 von 440 bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowie eine von drei Ehrenbeleidigungen und Körperverletzungen vermittelt; ausserdem erfolgten 1754 Unterschriftenbeglaubigungen und zehn Beurkundungen.

Während von der Regierung 2014 noch eine Reform des Vermittleramts vorgeschlagen wurde, sprachen sich die Staatsanwaltschaft, das Landgericht sowie der Oberste Gerichtshof für deren vollständige Abschaffung aus. Durch Gesetz vom 4.12.2014 wurde die Institution der Vermittler aufgehoben. Damit leben die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über den prätorischen Vergleich wieder auf, welche es ermöglichen, einen streitig gewordenen Anspruch vor Einbringung der Klage durch einen Vergleich zu erledigen. Auch die Möglichkeit einer Mediation in Zivilrechtssachen nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz von 2004 bleibt unberührt.

Quellen

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Vermittler», Stand: 26.8.2021, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.

Medien

Gesetz vom 12. Dezember 1915 über die Vermittlerämter, LGBl. 1916 Nr. 3.