Vogelsang, Karl Freiherr von

Autor: Bernhard Mertelseder | Stand: 31.12.2011

Sozialreformer und Publizist. *3.9.1818 Liegnitz (Polen), †8.11.1890 Wien, ab 1869 von Schellenberg. Sohn des Karl, königlich preussischer Major, und der Ida, geb. von der Lühe, vier Geschwister.  6.5.1852 Bertha Sophie Freiin von Linde (*24.9.1828, †28.1.1902), elf Kinder. Vogelsang, aus einem pommerischen Adelsgeschlecht stammend, trat nach dem Studium der Rechts- und Kameralwissenschaft in Bonn, Rostock und Berlin in den preussischen Staatsdienst ein. Ab 1848 war er Gutsbesitzer in Alt-Guthendorf bei Rostock und Mitglied des mecklenburgischen Landtags. 1850 konvertierte er zum katholischen Glauben, ab den 1850er Jahren wirkte er publizistisch (ab den 1860er Jahren hauptberuflich). Vogelsang war Erzieher und Reisebegleiter Fürst Johanns II. von Liechtenstein während dessen Studienzeit (1859–60) und prägte seine Einstellung zu sozialen und humanitären Fragen nachhaltig. 1859 wurde Vogelsang in den fürstlich-liechtensteinischen Freiherrenstand erhoben. Der ab 1864 in Österreich lebende Vogelsang übernahm 1875 in Wien die Redaktion der katholisch-konservativen Tageszeitung «Das Vaterland» und gründete 1879 die «Österreichische Monatsschrift für Gesellschaftswissenschaft und Volkswirtschaft». Er beschäftigte sich v.a. mit der sozialen und materiellen Lage der unteren Bevölkerungsschichten. Mit seinen Publikationen stiess er in Österreich eine Reihe fortschrittlicher Sozialgesetze an. Er entwarf ein an ständischen Prinzipien und christlichen Werten orientiertes Gesellschaftsmodell (→ Ständestaat), das er den von ihm diagnostizierten desintegrativen Kräften des Kapitals entgegenstellte. Vogelsang gilt als geistiger Vater der österreichischen christlich-sozialen Bewegung, mit deren Führungspersönlichkeiten, u.a. Karl Lueger und Aloys von Liechtenstein, er in engem Kontakt stand. Vogelsang setzte sich auch mit der «Judenfrage» auseinander, zwischen philo- und antisemitischer Tendenz schwankend.

In Liechtenstein stützte sich der Liechtensteiner Heimatdienst (LHD, 1933–35) auf Vogelsangs christlichsozial-ständestaatliche Lehren. Nach der Fusion des LHD und der Volkspartei zur VU 1936 erhielt deren Zeitung, die Vogelsangs Enkel Carl 1936–37 redigierte, den Namen «Liechtensteiner Vaterland», abgeleitet von Vogelsangs seinerzeitigem «Vaterland». Nach Vogelsang sind der österreichische Staatspreis für Geschichte und Gesellschaftswissenschaften sowie das 1980 gegründete «Karl von Vogelsang-Institut» in Wien benannt.

Literatur

  • Erwin Bader: Die geistige Grundlegung der christlichen Sozialreform am Beispiel Karl von Vogelsangs, Habilitation Wien, Manuskript 1991 (mit Werkverzeichnis).
  • Ludwig Reichhold: Karl von Vogelsang. Die Grundlegung der österreichischen Sozialpolitik, Wien 1987.

Zitierweise

<<Autor>>, «Vogelsang, Karl Freiherr von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.

Normdaten

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