
Zivilstandswesen
Autor: Leo Büchel | Stand: 31.12.2011
Das Zivilstandswesen befasst sich mit der amtlichen Beurkundung des Personenstands der liechtensteinischen Staatsbürger im In- und Ausland, besonders von Geburten, Eheschliessungen/-trennungen/-scheidungen, Todesfällen, Legitimationen, Adoptionen, Bürgerrecht und Namen. Die entsprechenden Daten werden im Zivilstandsregister (dieses besteht aus Geburts-, Ehe-, Familien- und Todesregistern) erfasst und können vom Betroffenen selbst, von Personen mit schutzwürdigen Interessen, von Gerichten und Behörden eingesehen werden.
Die staatlichen Zivilstandsregister sind aus den kirchlichen Matrikelbüchern (Pfarrbüchern) herausgewachsen, in denen die Pfarrer die Taufen, Eheschliessungen, Todesfälle und Firmungen in ihren Pfarreien verzeichneten. Es ist aufgrund kirchlicher Vorschriften (1563, 1614) davon auszugehen, dass die ersten liechtensteinischen Pfarrbücher bereits im 16. Jahrhundert entstanden. Erhalten blieben erst solche aus dem 17. Jahrhundert: Triesen ab 1638, Schaan ab 1647, Eschen ab 1650, Mauren ab 1682, Balzers ab 1717, Bendern ab 1735. Sie enthalten auch Daten über Triesenberg, Vaduz, Ruggell und Schellenberg, die erst im 18. bzw. 19. Jahrhundert eigene Pfarreien wurden.
Der Staat registrierte seit dem 17. Jahrhundert vereinzelt und seit dem 18. Jahrhundert systematisch die Todesfälle, da es bei Erbschaftsfällen einen Bedarf für staatliche Regelungen gab. Die Verordnung über den politischen Ehekonsens 1804 stellte den ersten Eingriff des Staats in das zuvor allein dem Kirchenrecht unterstehende Eherecht dar. Fortan war für die Heirat eine staatliche Bewilligung nötig. Weitere staatliche Eingriffe folgten mit der Rezeption des österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) 1812. Ein Eintrag in die Taufbücher galt bis zur Einführung staatlicher Geburtenregister 1878 als Bestätigung einer Heimatberechtigung in der betreffenden Gemeinde. 1827 erliess Landvogt Peter Pokorny für die Pfarrer Vorschriften betr. die Führung der Zivilstandsregister. Erst damit stellte der Staat das Zivilstandswesen unter seine Aufsicht, liess es allerdings weiterhin durch die Kirche ausüben. Ab 1828 mussten die Pfarrer vierteljährlich Listen mit den Geburten, Eheschliessungen und Todesfällen an das Oberamt schicken. Durch Vereinbarung mit dem Bistum Chur wurde auf den 1.1.1878 das staatliche Zivilstandsregister eingeführt: die Pfarrer waren fortan dazu verpflichtet, neben den bisherigen kirchlichen Registern auch staatliche Zivilregister zu führen. 1917 wurde den Pfarrern die staatliche Matrikelführung per Gesetz übertragen; für ihre Tätigkeit als Zivilstandsbeamte erhielten sie eine Entschädigung.
1926 regelte das Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) die Rechtsgrundlagen des Zivilstandswesens neu (Art. 58–105). Mit einer Abänderung des PGR 1972 (gültig ab dem 1.1.1974) wurde der Kirche das Zivilstandswesen entzogen und die bisher von den Pfarrern geleiteten Registeramtskreise wurden in einen einzigen, landesweiten Registeramtskreis zusammengelegt. Das neu geschaffene Zivilstandsamt nahm 1973 seine Tätigkeit auf und ist seit 1974 im Schädlerhaus, Vaduz, untergebracht. Es führt die Matrikelbücher und nimmt die Eheschliessungen (Zivilehe) vor. Die Register (Geburten, Ehen und Todesfälle) werden nach Gemeinden geführt. Die Eintragungen haben Beweiskraft, solange ihre Unrichtigkeit nicht nachgewiesen ist. Ausserdem werden sogenannte Familienbücher geführt, in denen alle Personenstandsangaben familienweise zusammengestellt sind.
Literatur
- Leo Büchel: Was lange währt, wird endlich gut, in: Liechtensteiner Vaterland, 30.11.1995. S. 10.
- Herbert Wille: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein, Freiburg 1972 (= Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat, Bd. 15), S. 68f, S. 183–186.
Zitierweise
<<Autor>>, «Zivilstandswesen», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.